Leitsatz

Der Senator für Finanzen der Freien und Hansestadt Hamburg wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG dadurch gegen Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass er eine aus einem alleinerziehenden Elternteil und seinem noch in der Schulausbildung befindlichen Kind bestehende Familie nicht erfasst.

 

Normenkette

§ 1, § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, Abs. 4 S. 1, Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG, § 122 Abs. 2 S. 2 und 3 FGO

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist unverheiratet und Mutter einer 1989 geborenen Tochter, für welche sie bis zu deren Volljährigkeit alleine sorgeberechtigt war. Bereits vor 2007 bewohnte sie mit ihrer Tochter eine Wohnung in N (Mecklenburg-Vorpommern), die sie als Hauptwohnung anmeldete und 2007 und 2008 beibehielt. In N hielt sich die Klägerin überwiegend auf; ihre Tochter besuchte dort ein Gymnasium. Da die Klägerin in Hamburg arbeitete, mietete sie dort eine weitere Wohnung, welche sie ab dem 15.12.2006 als Nebenwohnung anmeldete und bezog.

Das FA setzte gegen die Klägerin mit Blick auf die in Hamburg angemietete Wohnung Zweitwohnungsteuer i.H.v. jährlich 300 EUR fest. Der Einspruch blieb erfolglos.

Die Klage begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG auf den Streitfall analog anzuwenden sei. Dies ergebe sich letztlich aus Art. 6 Abs. 1 GG.

Das FG (FG Hamburg vom 01.10.2008, 7 K 245/07, Haufe-Index 2084793, EFG 2009, 298) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG erfasse seinem Wortlaut nach nur Verheiratete, welche eine Zweitwohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehätten und deren gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb Hamburgs belegen sei. Eine erweiternde Auslegung bzw. analoge Anwendung sei schon wegen des eindeutigen Gesetzeswortlauts ausgeschlossen. Es liege auch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG vor, weil jedenfalls eine Privilegierung im Streitfall spätestens mit der Volljährigkeit des Kinds Ende Januar 2007 nicht mehr geboten und die Festsetzung der Steuer gegen die Klägerin im Übrigen schon ab dem Beginn des Monats Januar von den melderechtlichen Verhältnissen der Tochter unabhängig gewesen sei.

 

Entscheidung

Der BFH hat jetzt den Senator für Finanzen der Stadt Hamburg nach § 122 Abs. 2 S. 2 und 3 FGO zum Verfahrensbeitritt aufgefordert, damit er zu einem möglichen Verfassungsverstoß des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG Stellung nehmen kann.

 

Hinweis

1. Nach § 1 HmbZWStG unterliegt das Innehaben einer Zweitwohnung in Hamburg der Zweitwohnungsteuer, wobei nach § 2 Abs. 1 S. 1 HmbZWStG als Zweitwohnung jede Wohnung i.S.d. Abs. 3 der Vorschrift aufzufassen ist, die dem Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung i.S.d. HmbMG dient. Dies ist nach § 2 Abs. 4 S. 1 HmbZWStG der Fall, wenn sie von einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person bewohnt wird. § 2 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 S. 1 HmbZWStG knüpfen damit nicht an die melderechtlichen Voraussetzungen einer Nebenwohnung, sondern an die Meldung als solche an, wobei zusätzliche Voraussetzung ist, dass die betroffene Person die Wohnung tatsächlich bewohnt.

2. Nach § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG gelten die Abs. 1 und 2 der Vorschrift nicht für Wohnungen, die eine verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Person, die nicht dauernd getrennt von ihrem Ehe- oder Lebenspartner lebt, aus überwiegend beruflichen Gründen innehat, wenn die gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb des Gebiets Hamburgs belegen ist. Da die Klägerin im Streitfall nicht verheiratet ist bzw. in einer Lebenspartnerschaft lebt, war eine unmittelbare Anwendung des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG auf sie bereits aus diesem Grund ausgeschlossen.

Dazu stellt der BFH nunmehr klar, dass eine analoge Anwendung der Norm auf unverheiratete bzw. nicht in einer Lebenspartnerschaft lebende Personen"angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts und mangels einer erkennbaren Gesetzeslücke"ausgeschlossen ist. § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG enthält nämlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass außer dem dort ausdrücklich genannten Personenkreis weitere Personen begünstigt werden sollten. Entsprechendes ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, durch welche lediglich die Vorgaben des BVerfG in dessen Beschluss vom 11.10.2005 (1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03, BVerfGE 114, 316) umgesetzt werden sollten, wenn auch der Landesgesetzgeber in Teilen über das Ziel hinausgeschossen ist (siehe 3. b).

3. Im Streitfall stellt sich die Frage, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG mit Blick auf die fehlende Begünstigung der Kleinfamilie Mutter/Kind gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verstößt.

a) Der BFH stellt dazu zunächst fest, dass in der Person der Klägerin keine melderechtliche Zwangslage bestand. Eine solche Zwangslage lag dem bereits erwähnten Beschluss des BVerfG (in BVerfGE 114, 316) zugrunde, weil das BVerfG dort einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG alleine...

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