Normenkette

GmbHG § 64 S. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 22.12.2020, Az. 16 HKO 61/14, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. Deutschland GmbH (im Weiteren: Schuldnerin) den Beklagten aus Geschäftsführerhaftung wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch. Erstinstanzlich hat der Kläger den Beklagten - teilweise gesamtschuldnerisch mit dem formal bis 24. Januar 2010 als Geschäftsführer tätigen B. - auf Zahlung von insgesamt 720.758,17 Euro in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger nur noch Ersatzansprüche in Höhe von 99.572,29 Euro wegen Zahlungen der Schuldnerin im Zeitraum vom 23. Oktober 2009 bis zum 12. Mai 2010 weiter. Wegen der einzelnen Zahlungen wird auf die Auflistung in der Berufungsbegründung (Bl. 727-729 d.A.) Bezug genommen.

Der Beklagte war faktischer und ab dem 25. Januar 2010 auch eingetragener Geschäftsführer der Schuldnerin, die auf ihrem im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehenden, von der Firma C. GmbH (im Weiteren: C.) angemieteten Geschäftsgrundstück in der ... in X. einen Handel mit Paraffin betrieb. Für die Lagerung des flüssigen Paraffins in den Tanks war dessen vorherige Erhitzung erforderlich. Die Schuldnerin war Teil eines Konzerns, der neben ihr aus der Muttergesellschaft A. Holding AG und der Schwestergesellschaft A. Chemicals AG, beide mit Sitz in der Schweiz, bestand. Die A. Holding AG war alleinige Gesellschafterin der Schuldnerin und der A. Chemicals AG. Der Beklagte war Präsident des Verwaltungsrates sowohl der A. Chemicals AG als auch der A. Holding AG und war zu 54 % am Kapital der A. Holding AG beteiligt.

In der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 2009 zerstörte ein Großbrand den gesamten Betrieb der Schuldnerin, wobei auch die Kaianlagen der Bundesrepublik Deutschland beschädigt wurden. Die Ursache des Brandes blieb ungeklärt. Die Schuldnerin unterhielt bei der D. Versicherungs-AG (im Weiteren: D. Versicherung) unter anderem eine Betriebshaftversicherung mit einer Höchstdeckungssumme von 2,5 Mio. Euro. Die Versicherung lehnte mit Schreiben vom 3. November 2009 die Erteilung einer Deckungszusage ab, da seit dem 10. Juni 2006 als Risiko lediglich die "Abwicklung des Handels mit Paraffin zur Kerzenproduktion (Lagerung, Verladung, Logistik)" versichert sei, sich bei dem Brand jedoch das Risiko eines Produktions- oder Veredelungsbetriebs und nicht eines Handelsbetriebs verwirklicht habe.

Nach den Jahresabschlüssen für 2008 und 2009 hatte die Schuldnerin im Jahr 2008 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 20.723,25 Euro zu verzeichnen und im Jahr 2009 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 7.827,87 Euro. Stille Reserven oder andere aus der Jahresabrechnung nicht ersichtliche Vermögenswerte waren nicht vorhanden. Rückstellungen für Schadensersatzforderungen aus dem Brandereignis vom 11./12. Juni 2009 sahen die Jahresabrechnungen nicht vor.

Die Schuldnerin nahm nach dem Brand ihren Betrieb nicht wieder auf; auf den Antrag des Beklagten vom 29. August 2010 wurde am 8. November 2010 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 23. Juli 2010 war in der Schweiz das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. Chemicals AG eröffnet worden, am 1. September 2010 erfolgte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A. Holding AG.

Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin meldeten die Bundesrepublik Deutschland und die Firma C. jeweils wegen des Brandschadens Forderungen in Höhe von ca. 5,1 Mio. Euro an, wobei die Bundesrepublik dieselbe Forderung auch gegenüber C. geltend machte und C. ihre Forderung als Regressforderung für den Fall ihrer Inanspruchnahme durch die Bundesrepublik anmeldete.

Durch Vereinbarung vom 21. Dezember 2017 (Anlage K25 - Bl. 622 ff d.A.) einigten sich der Kläger, die Bundesrepublik Deutschland, die D. Versicherung, die Firma C. und deren Haftpflichtversicherung dahin, dass die Haftpflichtversicherung der Firma C. und die D. Versicherung zur Abgeltung der brandbedingten Schäden jeweils 1 Mio. Euro an die Bundesrepublik Deutschland zahlen sollten. Ausgenommen von dieser Erledigung wurde ein etwaiger Anspruch der Bundesrepublik Deutschland auf die sich im Insolvenzverfahren ergebende Quote auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.073.106,74 Euro.

Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei bereits im Jahr 2008, spätestens aber seit dem Brandereignis vom 11./12. Juni 2009 über...

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