Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung von Kaufpreisraten aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils bei Wahl der Zuflussbesteuerung nach Überschreitung des Buchwertes

 

Leitsatz (amtlich)

Kaufpreisraten aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sind im Falle der Wahl der Zuflussbesteuerung gem. R 139 Abs. 11 EStR ab dem Zeitpunkt des Überschreitens des Buchwerts in vollem Unfang als nachträgliche gewerbliche Einkünfte gem. §§ 15 Abs. 1, 24 Nr. 2 EStG zu besteuern. Eine Aufteilung dieser Raten in einen Zins- und einen Tilgungsanteil mit der Folge der Anwendung des Sparerfreibetrages ist nicht vorzunehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt des Vorlagebeschlusses des BFH vom 14.11.2001 X R 32-33/01, BStBl II 2002, 183, da dieser lediglich die Umschichtung von Privatvermögen betrifft.

Die Option der Zuflussbesteuerung ist eine von der gesetzlichen Regelbesteuerung abweichende Billigkeitsregelung im Sinne des § 163 Satz 2 AO, welche nur dann eingreift, wenn sie ausdrücklich gewählt wird. Eine gleichheitswidrige Benachteiligung ist daher ausgeschlossen. Ein Rechtsanspruch auf nachträgliche Modifikation einer einvernehmlich getroffenen Billigkeitsregelung besteht grundsätzlich nicht.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1, §§ 16, 24 Abs. 2; AO § 163 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Kaufpreisraten aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Falle der Wahl der Zuflussbesteuerung in einen Zins- und einen Tilgungsanteil aufzuteilen und der Zinsanteil den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen ist.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Beide Kläger waren als Mitunternehmer an der X beteiligt. Im Mai 1980 veräußerte der Kläger seine Beteiligung an der vorgenannten Gesellschaft zum Preis von 3 Millionen DM. Der Kaufpreis sollte über eine Laufzeit von 25 Jahren in monatlichen Raten in Höhe von jeweils 10.000,-- DM erbracht werden. Mit Wirkung ab Januar 1996 wurde eine Reduzierung der monatlichen Raten auf 5.050,-- DM vereinbart. Die letzte Rate ist im Dezember 2005 zu zahlen. Zum 1. Januar 1996 veräußerte auch die Klägerin ihren Mitunternehmeranteil an der X. Der Kaufpreis sollte über einen Zeitraum von 10 Jahren im Wege monatlicher Ratenzahlungen in Höhe von jeweils 6.000,-- DM (erste Rate: Januar 1996; letzte Rate: Dezember 2005) erbracht werden. Darüber hinaus verpflichtete sich der Käufer zur Übernahme des negativen Kapitalkontos der Klägerin in Höhe von 90.249,83 DM. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten beider Veräußerungsgeschäfte wird auf die zu den Steuerakten gereichten Kopien der Kaufvertragsurkunden nebst Ergänzungsabreden verwiesen.

In der Frage der Versteuerung des Veräußerungsgewinns gemäß § 16 Abs. 1 Ziffer 2 Einkommensteuergesetz (EStG) machten beide Kläger von dem Wahlrecht gemäß R 139 Abs. 10/11 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) in der für die jeweiligen Ausübungsjahre geltenden Fassung Gebrauch, indem sie jeweils für eine Zuflussbesteuerung optierten.

Im Streitjahr 1999 vereinnahmte der Kläger aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils insgesamt 60.600 DM (12 x 5.050 DM), die Klägerin erhielt insgesamt 72.000 DM (12 x 6.000 DM). Im Rahmen ihrer Einkommensteuer(ESt-)Erklärung 1999 beantragten die Kläger, die Kaufpreisraten in einen Zins- und einen Tilgungsanteil aufzuteilen. Es sollten Zinsanteile in Höhe von 19.400 DM (Kläger) und 28.966 DM (Klägerin) den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen sein mit der Folge, dass der Sparerfreibetrag zu berücksichtigen sei. An nachträglichen gewerblichen Einkünften seien lediglich 41.200 DM (Kläger) und 43.034 DM (Klägerin) in Ansatz zu bringen.

Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - lehnte die begehrte Aufteilung mit ESt-Bescheid 1999 vom 19. Oktober 2000 ab. Die erhaltenen Kaufpreisraten wurden jeweils in voller Höhe als nachträgliche gewerbliche Einkünfte gemäß §§ 15 Abs. 1, 24 Nr. 2 EStG besteuert. Hiergegen erhoben die Kläger am 27. Oktober 2000 Einspruch. Sie führten aus, Kaufpreisraten seien bei wirtschaftlicher Betrachtung stets in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil aufzuteilen. Dies müsse auch im Falle der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen gelten. Denn die Kaufpreisforderung aus der (vollständigen) Übertragung eines Mitunternehmeranteils sei dem Privatvermögen zuzuordnen. Allein die Ausübung des Wahlrechts der Zuflussbesteuerung könne nicht zu einer Umqualifizierung von privaten in gewerbliche Einkünfte führen.

Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2001 zurück. Die Klägerseite vermenge den sachlichen Gehalt der Besteuerungsoptionen gemäß R 139 Abs. 11 der EStR. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sei grundsätzlich sofort im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 16 EStG) zu versteuern. Im Falle einer langfristigen Ratenzahlungsvereinbarung bestehe ein Wahlrecht. Der Veräußerer könne den Barwert der Kaufpreisforderung sofort versteuern und den Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG bzw. die Steuerermäßigung gemäß § 34 EStG in ...

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