Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit bei einem Unternehmensberater

 

Leitsatz (redaktionell)

Verfügt ein Steuerpflichtiger über keinen staatlich anerkannten betriebswirtschaftlichen Studienabschluss, so kann der zur Annahme eines dem beratenden Betriebswirt „ähnlichen Berufes” i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erforderliche Erfolg der autodidaktischen Ausbildung (hier: 2-Jahres-Komplett-Kurse mit wöchentlichem Unterricht von 2-3 Stunden, Literaturstudium und Fernkurse zu betriebswirtschaftlichen Spezialthemen) auch anhand eigener praktischer Arbeiten geführt werden.

In diesem Fall sind an die fachliche Breite der Betätigung aber höhere Anforderungen zu stellen, als dies bei einem Absolventen mit staatlichem Abschluss der Fall wäre.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 15 Abs. 2, § 2 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen IV R 56/00)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Tätigkeit des Klägers (Kl.) als Unternehmensberater in den Streitjahren 1991 und 1992 als gewerbliche oder selbständige Tätigkeit anzusehen ist.

Der Kl. absolvierte nach der Schulausbildung von 1961 bis 1963 eine Lehre als Außenhandelskaufmann. In 1964 war der Kl. Delegierter seiner Lehrfirma in Istanbul. Er war dort für den Vertrieb Maschinen tätig.

Von 1965 bis 1969 war der Kl. Außenstellenleiter im Büro einer anderen Firma in Rom. Dort übernahm er die Leitung des Büros für technische Fragen und Koordination. Dieses Büro war zuständig für die Abwicklung von Aufträgen in Nahost und Afrika von der Auftragsannahme, den Materialeinsatz sowie die Personalauswahl bis hin zur Übergabe.

Von 1969 bis 1971 war der Kl. zweiter Geschäftsführer eines Bangkok/Thailandbüros. Seine Aufgabe bestand in der Dynamisierung des Vertriebs und dem Aufbau neuer Vertriebskanäle, so z.B. für industrielle Vor- und Gebrauchsgüter. Darüber hinaus gehörte es zu seinem Aufgabengebiet, industrielle Ausrüstung zu konzipieren, zu liefern und in Gang zu setzen.

Von 1971 bis 1979 war der Kl. erster Geschäftsführer und Partner dieser Firma.

Von 1979 bis 1986 war der Kl. Geschäftsführer und Partner der Firma …. mit Sitz Bangkok/Thailand; diese Firma wurde von der Firma …. übernommen. Der Kl. war bis Ende 1986 Geschäftsführer dieser Firma.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war der Kl. selbständig tätig. So hat er für 1987 eine Gewinnermittlung als selbständiger Handelsvertreter, für 1989 als „Industrieberater” beim Finanzamt (FA) eingereicht. 1989 bewarb sich der Kl. erfolgreich bei der Firma … Unternehmensberatung als freier beratender Mitarbeiter. Zum 01. März 1990 meldete der Kl. bei der Gemeinde … ein Gewerbe mit dem Inhalt „Dienstleistungen und Beratungen im Auslandsgeschäft” an. Am 14. Dezember 1992 erweiterte der Kl. sein Gewerbe um den Betrieb einer „Werbeagentur”.

Für die Streitjahre 1991 und 1992 erließ das FA unter Berücksichtigung der vom Kl. erklärten Gewinne mit Datum vom 03. Januar 1994 (für 1991) bzw. 11. November 1994 (für 1992) jeweils Gewerbesteuer(GewSt)-Meßbescheide und setzte den einheitlichen GewSt-Meßbetrag fest.

Hiergegen richteten sich die form- und fristgerechten Einsprüche des Kl., mit denen er geltend machte, daß es sich bei den Einkünften nicht um gewerbliche, sondern um solche aus selbständiger Tätigkeit handele. Zur Begründung trug er folgendes vor:

Bei den Firmen … bzw. … handele es sich um regional tätige Vertriebsfirmen, die im asiatischen Raum Maschinen, technische Anlagen und zum Teil komplette Fabriken verkauft und gebaut hätten. Im Zuge dieser Tätigkeit habe die Vertriebsfirma, und damit der Geschäftsführer, alle Fragen der Investition, Finanzierung, Materialwirtschaft, dem Absatz, Personal- und Rechnungswesen, der Planung und Organisation lösen müssen. Daß der Kl. erfolgreich auf diesen genannten Gebieten tätig sei, beweise die Tatsache, daß er betriebswirtschaftliche Beratungen über ein Unternehmensberaterteam im Auftrage der Treuhand in den Neuen Bundesländern durchgeführt habe. Neben den Aufträgen in den Neuen Bundesländern seien außerdem auf dem Gebiet Marketing und Vertrieb Beratungen für Unternehmen durchgeführt worden, die sich Märkte im europäischen Ausland hätten erschließen wollen. Die Qualität der Tätigkeit werde u.a. auch in zwei Fachzeitschriften gewürdigt. Der Kl. habe sich in Fachkreisen insbesondere auf dem Gebiet Vertrieb und Marketing einen Namen gemacht. Sein Bekanntheitsgrad habe die … veranlaßt, für die …abteilung eine Analyse in Auftrag zu geben, die großen Anklang gefunden hätte.

Das FA wies die Einsprüche mit Entscheidung vom 12. September 1995 als unbegründet zurück. Nach Ansicht des FA handele es sich bei der Tätigkeit des Kl. nicht um eine freiberufliche Tätigkeit, die mit der eines beratenden Volks- oder Betriebswirts nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) vergleichbar sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) komme als beratender Betriebswirt nur derjenige in Betracht, der nach einem ...

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