§ 162 Abs. 5 AO bestimmt, dass in den Fällen des § 155 Abs. 2 AO die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden können. Dies betrifft den in § 155 Abs. 2 AO geregelten Fall, dass ein Steuerbescheid (Folgebescheid) erteilt werden kann, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde. Wird also ein Folgebescheid erlassen, ohne dass bestimmte gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen bereits in einem Grundlagenbescheid festgestellt worden sind, können diese Besteuerungsgrundlagen bereits im Schätzwege im Folgebescheid berücksichtigt werden.

 
Praxis-Beispiel

Schätzung der Höhe des Gewinnanteils

Der Steuerpflichtige ist als Kommanditist an einer KG beteiligt. Sein Gewinnanteil für 2017 betrug 25.000 EUR. In seiner Einkommensteuererklärung 2018 hat er die Höhe seines Gewinnanteils offengelassen, da die einheitliche und gesonderte Feststellung des KG-Gewinns 2018 noch nicht durchgeführt wurde. Hier kann das Finanzamt z. B. den Gewinnanteil 2018 i. H. d. Vorjahresgewinnanteils mit 25.000 EUR schätzen. Wenn der Feststellungsbescheid 2018 ergeht und dann der auf den Steuerpflichtigen entfallende Gewinnanteil feststeht, ist das Finanzamt verpflichtet, diesen im Rahmen einer Bescheidänderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu berücksichtigen.

Die Grundsätze zur Schätzung von Besteuerungsgrundlagen vor Ergehen eines Grundlagenbescheides gelten auch im Rahmen der Vergünstigungen für Baudenkmale und für Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen (§§ 10f, 7i EStG). Auch hier kann das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob es trotz fehlendem Grundlagenbescheid (z. B. der Denkmalschutzbehörde) die Aufwendungen bereits vorläufig berücksichtigt.[1]

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