Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 30.05.2011; Aktenzeichen 9 O 493/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Saarbrücken vom 30.5.2011 - 9 O 493/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.000.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Insolvenzverwalter über das Vermögen der (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) die beklagte aus deliktischer und vertraglicher Rechtsgrundlage auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Beklagte wurde durch Gesellschafterbeschluss der Gemeinschuldnerin vom 25.7.2005 zur Abschlussprüferin für das Geschäftsjahr 2005 bestimmt und sodann von der Geschäftsführung mit der Pflichtprüfung des Abschlusses und des Lageberichts beauftragt. Die Prüfung fand zwischen März und Juni 2006 statt. Unter dem 23.6.2006 erstattete die Beklagte einen Bericht und erteilte uneingeschränkten Bestätigungsvermerk (Anlage K1). Das Honorar der Prüfung betrug 60.005,35 EUR.

Im April 2007 erstattete der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken Selbstanzeige wegen umfangreicher Bilanzmanipulationen, insbesondere bezüglich des vorhandenen Vorratsvermögens sowohl hinsichtlich des Mengengerüstes als auch der Bewertung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Selbstanzeige vom 9.4.2007 (Anlage K2), die schriftliche Einlassung des Geschäftsführers vom 3.6.2008 zur gegen ihn erhobenen Anklage (Anlage K4) und seine undatierte Stellungnahme Anlage K5 verwiesen. Unmittelbar danach stellten die Geschäftsführer Insolvenzantrag über das Vermögen der Gemeinschuldnerin, woraufhin der Kläger mit Beschluss vom 11.6.2007 zum (endgültigen) Insolvenzverwalter bestellt wurde.

Durch Urteil des LG Saarbrücken vom 13.6.2008 - 2 KLs 6/08 - wurde der Geschäftsführer wegen unrichtiger Darstellung in Bilanzen in fünf Fällen und wegen Betrugs in einem besonders schweren Fall in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Feststellung, dass die Beklagte zur Insolvenzmasse Schadensersatz bezüglich des Insolvenzverschleppungsschadens wegen nicht ordnungsgemäßer Prüfung des Jahresabschlusses und unterbliebener Aufklärung über die Insolvenzreife der Gemeinschuldnerin schulde; hilfsweise begehrt er Ersatz des für die Prüfung des Jahresabschlusses gezahlten Honorars zur Insolvenzmasse und trägt insoweit vor, dass die Beklagte ihren Leistungspflichten bei der Abschlussprüfung nicht nachgekommen sei, weshalb die Beklagte in Höhe der Gebührenrechnung zum Schadensersatz verpflichtet sei.

Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen, sämtliche Aussagen zur Ordnungsgemäßheit des Jahresabschlusses und des Lageberichts für das Geschäftsjahr 2005 seien unzutreffend gewesen und hätten nicht in den Prüfbericht aufgenommen werden dürfen. Aufgrund erheblicher Bilanzierungs- und Buchungsfehler hätte zudem kein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt werden dürfen. Dieser hätte vielmehr aufgrund offenkundiger und aufdeckbarer Bilanzfälschungen des Geschäftsführers gänzlich versagt werden müssen.

Der Kläger hat behauptet, bei den Inventuren der Jahre 2004 und 2005 sei die Beklagte, wenn überhaupt, nur sporadisch anwesend gewesen und habe sich auf die Bestandsmitteilungen der Lagerhalter verlassen. Eine Überprüfung der Transitware sei nie erfolgt. Im Zuge der Bilanzerstellung seien lediglich Ausdrucke angefordert worden, die nachgewiesen hätten, dass die Mengen erst in der Folgeperiode zugebucht worden seien. Die Beklagte habe nicht auf einem Systemausdruck bestanden. Sie habe sich vielmehr mit einem Ausdruck über das Programm Excel zufriedengegeben. In diesem Programm habe der Geschäftsführer Funke die Warenströme so angepasst, dass sie zu den behaupteten Beständen gepasst hätten. Die Beklagte habe - wie auch schon in den Jahren zuvor - die Stichproben so gezogen, dass eine Überprüfung des unteren Preissegments vollständig unterblieben sei. Demgegenüber hätte es der Beklagten oblegen, zumindest stichprobenartig zu überprüfen, ob die ihr vorgelegten Abverkaufszahlen der Realität entsprochen hätten. Sie hätte sich hierzu entweder die Ausgangsrechnungen vorlegen oder einen Abgleich mit den Daten aus dem System Navision vornehmen müssen.

Den erheblich erhöhten Bestand habe die Beklagte noch zusätzlich überhöht bewertet. Verbindlichkeiten gegenüber der, einem nahestehenden Unternehmen, i.H.v. umgerechnet 2,199 Millionen EUR seien nicht ausgewiesen worden. In der Bilanz sei so ...

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