Sowohl die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Altgesellschaft) als auch die neue Partnerschaftsgesellschaft hat Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 UStG, da sie jeweils selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig werden und die Gesellschaften jeweils rechtsfähig sind. Gegenstand beider Gesellschaften ist die Ausführung von Rechtsberatungsleistungen.

Die Veräußerung des Mandantenstamms ist ein steuerbarer Umsatz, der auch keiner Steuerbefreiung unterliegt.

 
Praxis-Tipp

Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen

Ggf. könnte darüber nachgedacht werden, ob bei Verkauf eines Mandantenstamms eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung (Teilbetriebsveräußerung) vorliegt.[1] Ein Mandantenstamm wird aber nicht ausreichend sein, ein Unternehmen in bisheriger Form weiterzuführen, regelmäßig werden dazu noch darüber hinausgehende Voraussetzungen zu erfüllen sein, sodass keine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung vorliegen kann.

Die Altgesellschaft führt mit der entgeltlichen Übertragung des Mandantenstamms eine Umsatzsteuer auslösende Leistung aus. Es entsteht auf der Bemessungsgrundlage von 200.000 EUR eine USt i. H. v. 38.000 EUR.

Ein Vorsteuerabzug aus der Übertragung des Mandantenstamms kann sich nur für den Leistungsempfänger ergeben. Fraglich ist, wer der Leistungsempfänger für die Leistung ist. Da der Mandantenstamm von der Altgesellschaft nicht an die Partnerschaftsgesellschaft, sondern an R übertragen worden ist, kann sich kein Vorsteuerabzug für die Partnerschaftsgesellschaft ergeben. Der Vorsteuerabzug könnte nur für R infrage kommen. R könnte den Vorsteuerabzug vornehmen, wenn er den Mandantenstamm als Unternehmer für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zu verwenden beabsichtigen würde. Die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs setzt dabei einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang eines Eingangsumsatzes zu einem oder mehreren Ausgangsumsätzen voraus.

 
Wichtig

EuGH verneint Vorsteuerabzug

Der EuGH war vom BFH angerufen worden, ob die unentgeltliche Überlassung eines Mandantenstamms (eines Steuerberaters) den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb dieses Mandantenstamms zulässt.[2] Der BFH war offensichtlich aufgrund der vom EuGH[3] zuvor eröffneten Möglichkeit des Vorsteuerabzugs von Gesellschaftern bei Gründung einer Personengesellschaft davon ausgegangen, dass auch in einem solchen Fall der Vorsteuerabzug möglich sein muss. Der EuGH[4] kam aber zu der Auffassung, dass für den Erwerber des Mandantenstamms ein Vorsteuerabzug mangels Unternehmereigenschaft nicht möglich ist, da die unentgeltliche Überlassung keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt.

Da R keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, ist er nicht Unternehmer nach § 2 UStG. Ein Vorsteuerabzug kann sich damit für ihn nicht ergeben. Im Ergebnis hat damit weder die Partnerschaftsgesellschaft noch R einen Vorsteuerabzug.

Um den Vorsteuerabzug aus der Übertragung des Mandantenstamms sicherzustellen, hätte es für R bzw. die neu gegründete Partnerschaftsgesellschaft verschiedene umsatzsteuerrechtliche[5]Möglichkeiten gegeben:

  • Die Übertragung des Mandantenstamms hätte von der Altgesellschaft unmittelbar auf die Neugesellschaft erfolgen können. In diesem Fall wäre die Leistung unmittelbar an einen Unternehmer für dessen unternehmerische Zwecke ausgeführt worden, der die Leistung unmittelbar für den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Zwecke verwendet hätte.
  • Bei Übertragung des Mandantenstamms an R muss zur Sicherstellung des Vorsteuerabzugs R zum Unternehmer werden. Dies könnte dadurch erreicht werden, dass R den Mandantenstamm der neu gegründeten Partnerschaftsgesellschaft gegen ein gesondert berechnetes Entgelt überlässt.
 
Wichtig

Unternehmerische Betätigung nur bei entgeltlichen Leistungen möglich

Um zu einer entgeltlichen, die Unternehmereigenschaft des R begründenden Tätigkeit zu kommen, müsste R für die Überlassung des Mandantenstamms ein Entgelt erhalten, das nicht von der Gewinnsituation der Gesellschaft abhängig ist. Soweit R nur einen (höheren) Anteil am Gewinn erhält, läge ein Gesellschafterbeitrag vor, der die Unternehmereigenschaft nicht begründen kann.

Weiterhin könnte evtl. ein Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstamms bei R möglich sein, wenn er gegenüber der neu gegründeten Partnerschaftsgesellschaft entgeltliche Geschäftsführungsleistungen ausführen würde, die in seiner Person die Unternehmereigenschaft begründen würde. Um einen solchen Vorsteuerabzug zu ermöglichen, müssten die Kosten für den Mandantenstamm dann allerdings zu den allgemeinen unternehmerischen Kosten des R gehören und Bestandteil der Leistungen des Geschäftsführers gegenüber der Partnerschaftsgesellschaft sein.

 
Hinweis

BFH lässt Zusammenhang mit Geschäftsführungstätigkeit offen

In seiner Folgeentscheidung zu dem EuGH-Urteil in der Sache Malburg hat der BFH[6] den Sachverhalt an das zuständige Finanzgericht zurückverwiesen. Der BFH hat zwar in seinem Urteil die Möglichkeit der Verknüpfung der Geschäftsführungsleistung mit dem Bezug des Mandantenstamms für theoretisch denkba...

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