Rz. 70

In diesem Fall übernimmt ein neuer Mitunternehmer unter Zustimmung der anderen Eigner den Anteil des ausscheidenden Gesellschafters. Der Austretende wird grundsätzlich i. H. d. Buchwerts und des positiven Unterschiedsbetrags zwischen Teil- und Buchwert (i. d. R. stille Reserven, nicht bilanzierungsfähige immaterielle Wirtschaftsgüter und ein ggf. vorhandener Geschäfts- oder Firmenwert)[1] seiner Gesellschaftsbeteiligung von dem übernehmenden Mitunternehmer entschädigt. Der den Buchwert übersteigende Mehrbetrag stellt i. d. R. aktivierungspflichtige Anschaffungskosten[2] dar und ist im Verhältnis der erworbenen Anteilsrechte wirtschaftsgutbezogen dem neuen Mitunternehmer anhand einer positiven Ergänzungsbilanz zuzurechnen, da es sich bei dem Differenzbetrag nicht um Anschaffungskosten der Gesamthand handelt. Die Ergänzungsbilanz muss in den Folgejahren, ggf. in Kombination mit einer Ergänzungs-Gewinn- und Verlustrechnung, fortgeführt werden. Unter einer Fortführung ist die künftige Weiterentwicklung der Ergänzungsbilanzwerte nach Maßgabe steuerrechtlicher Vorschriften zu verstehen. Hierdurch wird u. a. sichergestellt, dass aufgrund des Zweischneidigkeitseffekts der Bilanzierung erfolgsbezogene Auswirkungen der erstmaligen Erstellung von Ergänzungs-Jahresabschlüssen in den Folgeperioden zum Ausgleich kommen. Nach h. M. sind auf die in der Gesamthands- und Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Wirtschaftsgüter prinzipiell einheitliche Abschreibungsmethoden anzuwenden, damit die in beiden Bilanzen angesetzten Werte gleichzeitig aufgezehrt werden.[3]

 

Rz. 71

Die aus diesen Ergänzungs-Jahresabschlüssen resultierenden Gewinne oder Verluste sind in die ertragsteuerrechtliche Erfolgsermittlung der Personenhandelsgesellschaft einzubeziehen.[4] Hieraus folgt, dass Ergänzungsbilanzerfolge sowohl bei der Berechnung der gewerblichen Einkünfte der betroffenen Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG als auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bzw. -verlusts berücksichtigt werden müssen.

 

Beispiel 8:[5]

An einer OHG, deren Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, waren 3 Mitunternehmer laut Gesellschaftsvertrag bisher wie folgt beteiligt: A mit 50 %, B und C mit jeweils 25 %. Die zum 31.12. des Wirtschaftsjahrs 10 erstellte Gesamthandsbilanz, die variable Kapitalanteile der Gesellschafter ausweist, hat das unten stehende Aussehen.[6]

Mit Vertrag vom 21.12. des Wirtschaftsjahres 10 veräußerte Mitunternehmer C seinen Anteil an den Neu-Gesellschafter D i. H. v. 500.000 EUR. Die Gesellschafter A und B stimmten dem Verkauf unter der Voraussetzung zu, dass D den von C erworbenen Kapitalanteil in unveränderter Höhe übernimmt. Folglich ändert sich die Struktur der Gesamthandelsbilanz bis auf die Zusammensetzung des Eigenkapitals nicht. Der Gesellschafterwechsel soll zum 1.1. des Kalenderjahres 11 wirksam werden. Zum Zwecke der Ermittlung eines angemessenen Kaufpreises haben C und D einen Wirtschaftsprüfer mit der Wertfindung beauftragt, der unter Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven, der Berücksichtigung nicht bilanzierter immaterieller Einzelwirtschaftsgüter (selbst geschaffene Patente) sowie eines (originären) Firmenwerts die im Folgenden gezeigte Abfindungsbilanz der ABC-OHG erstellt hat.

 
Aktiva Schlussbilanz der ABC-OHG zum 31.12.10 Passiva
      EUR       EUR
A. Anlagevermögen:   A. Eigenkapital  
  I. Grundstücke 100.000   I. Gesellschafter A 950.000
  II. Gebäude 360.000   II. Gesellschafter B 290.000
  III. Maschinen und maschinelle Anlagen 90.000   III. Gesellschafter C 200.000
        B. Verbindlichkeiten:  
  IV. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung 85.000   I. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 150.000
B. Umlaufvermögen:     II. Sonstige Verbindlichkeiten 15.000
  I. Vorräte 400.000  
  II. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 600.000     - davon aus Steuern 15.000  
  III. Guthaben bei Kreditinstituten 5.000 C Rechnungsabgrenzungsposten 35.000
      1.640.000     1.640.000
 
Aktiva Abfindungsbilanz der ABC-OHG zum 31.12.10 Passiva
      EUR       EUR
A. Anlagevermögen:   A. Eigenkapital:
  I. Immaterielle Vermögensgegenstände:   I. Gesellschafter A[7] 1.550.000
          II. Gesellschafter B[8] 590.000
    1. Patente 249.000   III. Gesellschafter C[9] 500.000
    2. Firmenwert 486.000 B. Verbindlichkeiten:  
  II. Sachanlagen:     I. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 150.000
    1. Grundstücke 300.000  
    2. Gebäude 400.000  
    3. Maschinen und maschinelle Anlagen 150.000   II. Sonstige Verbindlichkeiten 15.000
    4. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung 100.000     – davon aus Steuern 15.000  
    5. Geringwertige Wirtschaftsgüter 50.000 C. Rechnungsabgrenzungsposten 35.000
B. Umlaufvermögen:        
  I. Vorräte 500.000      
  II. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 600.000      
  III. Guthaben bei Kreditinstituten 5.000      
      2.840.000     2.840.000

Mit der Mehrzahlung von Gesellschafter D an den ausscheidenden Gesellschafter C i. ...

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