4.2.3.1 Allgemeines

 

Rz. 69

Während Sonder-Jahresabschlüsse darauf abzielen, das Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer darzustellen bzw. seine Veränderungen aufzuzeigen, sollen Ergänzungs-Jahresabschlüsse gesellschafterbezogene Wertkorrekturen zu den Inhalten der Gesamthands-Jahresabschlussrechnung erfassen. Wie gezeigt wurde, enthalten Sonderbilanzen Wirtschaftsgüter, die aus handelsrechtlicher Sicht nicht zum Gesellschaftsvermögen der Personenhandelsgesellschaft gehören, nach steuerrechtlicher Interpretation jedoch dem (Sonder-)Betriebsvermögen zuzurechnen sind, weil sie für unternehmerische Zwecke genutzt werden. Mithin komplettieren auch Sonder-Jahresabschlüsse steuerrechtlich die Gesamthands-Jahresabschlüsse der Personenhandelsgesellschaft, indem in der Sonderbilanz ausschließlich Wirtschaftsgüter zum Ausweis kommen, die in der Hauptbilanz nicht erscheinen. Die im Rahmen von Ergänzungs-Jahresabschlüssen vorgenommenen Korrekturen beziehen sich hingegen auf Wirtschaftsgüter, die auch in der Gesamthandsbilanz angesetzt werden müssen, jedoch mit einem anderen Wert. Derartige steuerrechtliche Wertdifferenzen in Bezug auf alle oder bestimmte Wirtschaftsgüter resultieren aus spezifischen Ereignissen, die dazu führen, dass lediglich einem oder einigen Gesellschaftern Wertanteile am Unternehmensvermögen zuzurechnen sind. Häufige Anwendungsfälle für die Erstellung von Ergänzungs-Jahresabschlüssen sind:

  • Gesellschaftereintritte in eine Personengesellschaft, bei denen der für die Gesellschaftsanteile gezahlte Kaufpreis nicht mit dem eingeräumten Kapitalkonto übereinstimmt. Da in diesem Fall der Neugesellschafter die bestehenden Vermögensrechte aus der Beteiligung und damit auch das Kapitalkonto des Altgesellschafters übernimmt, lassen sich die Anschaffungskosten des Neugesellschafters für seinen Anteil am Vermögen der Personengesellschaft nur darstellen, indem in einer für den Neugesellschafter aufzustellenden Ergänzungsbilanz das Kapitalkonto des Altgesellschafters auf die tatsächlichen Anschaffungskosten berichtigt wird.
  • Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter nach § 6 Abs. 5 Sätze 3 bis 5 EStG.
  • Inanspruchnahme von personenbezogenen Steuervergünstigungen durch nur einige Gesellschafter einer Personengesellschaft.[1]

Im erstgenannten Anwendungsfall ergibt sich ein Mehr- oder Minderkapital, soweit die Anschaffungskosten der Gesellschafteranteile den Buchwert des Kapitalkontos über- oder unterschreiten, welches sodann auf die einzelnen anteilig erworbenen Wirtschaftsgüter zu verteilen ist. Damit werden in den Ergänzungsbilanzen des Neugesellschafters die im Rahmen seines Gesellschaftereintritts anteilig miterworbenen stillen Reserven, welche in den vorhandenen Wirtschaftsgütern enthalten sind, dargestellt. Jedoch ist der das Kapitalkonto des Neugesellschafters übersteigende Teil seines Kaufpreises ggf. nicht durch stille Reserven bei vorhandenen Wirtschaftsgütern zu begründen, sodass – soweit eine Verteilung auf die vorhandenen Wirtschaftsgüter nicht möglich ist – ein positiver Geschäfts- oder Firmenwert bilanziert wird. Die gesicherte Rechtsprechung geht hier von der tatsächlichen Vermutung aus, dass in den Buchwerten des Gesellschaftsvermögens stille Reserven und/oder ein originärer Geschäftswert enthalten sind.[2]

Im Folgenden wird die grundlegende Erstellung und Fortführung steuerrechtlicher Ergänzungs-Jahresabschlüsse in zwei ausgewählten Fällen gezeigt.

[3]

[1] Vgl. Bode, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Band 2, 8/2022, § 15 EStG Rz. 553.
[3] Vgl. zu anderen Fällen etwa Falterbaum/Bolk/Reiß/Kirchner, Buchführung und Bilanz, 23. Aufl. 2020, S. 1200 f., S. 1380 ff., S. 1517 ff..

4.2.3.2 Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einen Dritten (Gesellschafterwechsel)

 

Rz. 70

In diesem Fall übernimmt ein neuer Mitunternehmer unter Zustimmung der anderen Eigner den Anteil des ausscheidenden Gesellschafters. Der Austretende wird grundsätzlich i. H. d. Buchwerts und des positiven Unterschiedsbetrags zwischen Teil- und Buchwert (i. d. R. stille Reserven, nicht bilanzierungsfähige immaterielle Wirtschaftsgüter und ein ggf. vorhandener Geschäfts- oder Firmenwert)[1] seiner Gesellschaftsbeteiligung von dem übernehmenden Mitunternehmer entschädigt. Der den Buchwert übersteigende Mehrbetrag stellt i. d. R. aktivierungspflichtige Anschaffungskosten[2] dar und ist im Verhältnis der erworbenen Anteilsrechte wirtschaftsgutbezogen dem neuen Mitunternehmer anhand einer positiven Ergänzungsbilanz zuzurechnen, da es sich bei dem Differenzbetrag nicht um Anschaffungskosten der Gesamthand handelt. Die Ergänzungsbilanz muss in den Folgejahren, ggf. in Kombination mit einer Ergänzungs-Gewinn- und Verlustrechnung, fortgeführt werden. Unter einer Fortführung ist die künftige Weiterentwicklung der Ergänzungsbilanzwerte nach Maßgabe steuerrechtlicher Vorschriften zu verstehen. Hierdurch wird u. a. sichergestellt, dass aufgrund des Zweischneidigkeitseffekts der Bilanzierung erfolgsbezogene Auswirkungen der erstmaligen Erstellu...

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