Leitsatz (amtlich)

1. Die Erfüllung der Stammeinlagepflicht des Gesellschafters kann zulässig dadurch bewirkt werden, dass die GmbH mit ihrem Anspruch auf Erbringung der Stammeinlage gegen Zahlungsansprüche des Gesellschafters - etwa aus Leistungen für die Gesellschaft - die Aufrechnung erklärt. Eine solche Aufrechnung ist zulässig, wenn die Gesellschafterforderung fällig, liquide und vollwertig ist (BGH v. 4.3.1996 - II ZB 8/95, BGHZ 132, 141 [147] = GmbHR 1996, 351 = MDR 1996, 1136; v. 2.12.2002 - II ZR 101/02, BGHZ 153, 107 = MDR 2003, 464 = GmbHR 2003, 231 = BGHReport 2003, 228); im Hinblick auf § 19 Abs. 5 GmbHG und die unzulässige Umgehung des Verbots der verdeckten Sacheinlage ist allerdings erforderlich, dass keine sog. Koppelungsabrede im Zeitpunkt der Begründung der Einlageschuld vorliegt, wobei vermutet wird, dass der Ersatz der geschuldeten Barleistung durch eine Verrechnung verabredet worden ist, sofern ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen der Begründung der Einlagepflicht und dem Verrechnungstatbestand vorliegt.

2. Die Wirkung eines solchen Indizes kann jedoch entkräftet sein, wenn es sich nicht um die Verrechnung von zwei Forderungen in etwa gleicher Höhe handelt, die unschwer in einer Verrechnungsvereinbarung fixiert werden können, sondern um die Aufrechnung mit der Stammeinlageforderung der Gesellschaft gegen mehrere einzelne Forderungen des Gesellschafters in ganz unterschiedlicher Höhe aus unterschiedlichen für die Gesellschaft erbrachten Leistungen.

3. Ein den bereits in erster Instanz unterbreiteten Sachverhalt lediglich konkretisierender Vortrag im Berufungsverfahren unterliegt nicht der Zurückweisung als verspätet gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO.

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 14.08.2003; Aktenzeichen 7 O 169/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Teil-Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 14.8.2003 abgeändert:

Das Vorbehalts-Urteil des OLG Celle vom 29.5.2002 (9 U 24/02) wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das landgerichtliche Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, aufgrund einverständlichen Beschlusses der Gesellschafter habe die Klägerin die Geschäfte der in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts entstandenen "Vorgesellschaft" fortführen sollen; die noch zu gründende Gesellschaft habe insb. deren Verbindlichkeiten übernehmen sollen. Eine verdeckte Sacheinlage liege nicht vor. Es seien vielmehr im Wege der Aufrechnung Verbindlichkeiten ggü. dem Beklagten getilgt worden, was dem Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 GmbHG nicht widerspreche, da die Gegenforderung im Zeitpunkt der Verrechnung vollwertig, fällig und liquide gewesen seien.

Mit Schriftsatz vom 23.3.2004 hat der Beklagte einen Auszug aus dem "Verrechnungskonto ..." vorgelegt, aus dem sich verschiedene Buchungen zugunsten des Beklagten ergeben sowie eine am 31.12.1996 erfolgte Belastungsbuchung "Umb Einl. ..." i.H.v. 300.000 DM. Durch diese Umbuchung sei bestätigt worden, dass der Beklagte seine Stammeinlage erbracht habe.

Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, eine Vorgesellschaft habe nie bestanden; erst recht habe es keinen besonderen Übernahmeakt im Verhältnis zwischen Vorgründungsgesellschaft und Vorgesellschaft gegeben. Forderungen gegen die vom Beklagten behauptete Vorgesellschaft hätten nicht bestanden; insb. den sich aus den Buchungen auf dem Verrechnungskonto des Beklagten ergebenen Forderungen lägen keine Geschäftsvorfälle zugrunde. Der Saldo dieses Kontos sei zum 31.12.1996 in das Darlehenskonto des Beklagten umgebucht und fortan als Gesellschafterdarlehen behandelt worden. Den Vortrag zur Verrechnung zum 31.12.1996 hält die Klägerin für verspätet.

II. Die Berufung des Beklagten ist begründet, sodass das Teil-Urteil des LG, mit dem das Vorbehalts-Urteil des Senats vom 29.5.2002 für vorbehaltlos erklärt worden ist, abzuändern war.

1. Der Anspruch der Klägerin auf Leistung der Stammeinlage i.H.v. 300.000 DM (153.387,56 Euro) ist nicht durch die am 17.7.1996 gutgebrachte Zahlung des Beklagten erloschen, da dieser Betrag der Gesellschaft - entgegen § 7 Abs. 3 GmbHG - nicht endgültig zur freien Verfügung stand, denn am selben Tag wurde eine Zahlung von 375.000 DM seitens der Gesellschaft an den Beklagten bewirkt. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das angefochtene Urteil des LG und das Vorbehalts-Urteil des Senats vom 29.5.2002 Bezug genommen.

2. Die Stammeinlagepflicht ist ...

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