vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Psychotherapeut mit „European Certificate of Psychotherapy” erbringt nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreite Umsätze

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. § 4 Nr. 14 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und dass er dafür die erforderliche Qualifikation besitzt.
  2. Der Nachweis der erforderlichen Qualifikation hängt nicht ausschließlich von einer berufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung ab.
  3. Ein Psychotherapeut, der zwar nicht über einen Abschluss nach dem deutschen Psychotherapiegesetz, wohl aber über das „European Certificate of Psychotherapy” verfügt, erbringt nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreite Umsätze. Der berufsqualifizierende Abschluss eines anderen EU-Mitgliedsstaats, der qualitativ mit dem nationalen Abschluss im Wesentlichen vergleichbar ist, reicht aus.
 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14

 

Streitjahr(e)

1997, 1998, 1999, 2000

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob der Kläger als Psychotherapeut gem. § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze erzielt hat.

Der Kläger ist … Theologe. Er ist selbständig tätig und betreibt das … Institut für Existenzanalyse und Logotherapie. Für seine Tätigkeit hat er sich eine Ausbildung als Psychotherapeut angeeignet, verfügt aber nicht über eine abgeschlossene inländische Hochschulausbildung als Psychologischer Psychotherapeut im Sinne des Psychotherapiegesetzes. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Psychotherapeut wendet er als Behandlungsmethode auch die Logotherapie und die Existenzanalyse an.

Am 19. Januar 1999 stellte der Kläger einen Antrag auf Mitgliedschaft im Europäischen Verband für Psychotherapie. Dieser Antrag wurde durch den Vorstand des Deutschen Dachverbands für Psychotherapie am 24. November 1999 befürwortet. Am 19. Februar 2000 erteilte der Europäische Verband für Psychotherapie dem Kläger das „European Certificate of Psychotherapy (im Folgenden: ECP)”. Darin wird bescheinigt, dass der Kläger eine Ausbildung entsprechend den Regeln des Europäischen Verbandes für Psychotherapie absolviert hat. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Verleihung des Zertifikats wird auf das Statut des Europäischen Verbandes für Psychotherapie (Bl. 57 ff Klageakte) verwiesen. Schließlich ist der Kläger am 12. April 2007 vom Österreichischen Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend gem. dem Österreichischen Psychotherapiegesetz in die Psychotherapeutenliste eingetragen worden.

Der Kläger behandelte die Umsätze, die er als Psychotherapeut erzielt hatte, in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1997-2000 jeweils als steuerfrei gem. § 4 Nr. 14 UStG. Der Beklagte folgte dem in den Umsatzsteuerbescheiden 1997 vom 26. Januar 2000 sowie 1998-2000, jeweils vom 4. Oktober 2002, nicht, sondern unterwarf die Umsätze unter Herausrechnung der Umsatzsteuer dem Regelsteuersatz der Umsatzsteuer. Im Gegenzug berücksichtigte er die auf diese Umsätze entfallende Vorsteuer.

Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Der Kläger ist der Auffassung, dass seine Umsätze insoweit steuerbefreit seien als er als Psychotherapeut tätig geworden sei. Er behandle seine Patienten nach anerkannten psychotherapeutischen Behandlungsformen. Die Ausbildung, die für die Verleihung des ECP Voraussetzung sei, entspreche in vollem Umfang der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nach dem Psychotherapiegesetz. Der Umstand, dass der Kläger auch logotherapeutische Therapieansätze verwendet habe, stehe der Steuerfreiheit nicht entgegen, weil diese Behandlungsmaßnahmen in seine Tätigkeit als Psychotherapeut eingebunden seien.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 1997 vom 26. Januar 2000, der Umsatzsteuerbescheide 1998-2000, jeweils vom 4. Oktober 2002 sowie der Einspruchsentscheidung vom 1. April 2008 die Umsatzsteuer 1997 auf 7.664,85 €, die Umsatzsteuer 1998 auf 12.537,88 €, die Umsatzsteuer 1999 auf 18.638,23 € und die Umsatzsteuer 2000 auf 20.001,58 € herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezweifelt, dass das vom Kläger vorgelegte Zertifikat tatsächlich den Abschluss einer Ausbildung dokumentiere, die der eines Psychologischen Psychotherapeuten nach dem Psychotherapiegesetz vergleichbar ist. Darauf deute auch hin, dass der Kläger erst 2007 in Österreich in die Psychotherapeutenliste eingetragen worden ist.

Darüber hinaus handele es sich um eine Eintragung in Österreich. In Österreich sei im Gegensatz zu Deutschland seit dem 7. Juni 1990 eine akademische Ausbildung nicht mehr Voraussetzung für die Ausübung des Berufes des Psychotherapeuten. In Deutschland liege nach wie vor keine entsprechende Approbation vor, obwohl das Psychotherapiegesetz die Möglichkeit zur Erlangung einer Approbation auf der Grundlage einer im Ausland absolvierten Ausbildung zulässt. Aus diesem Grund seien die Umsätze auch für die Zeit nach der Erteilung des ECP nicht steuerbefreit.

Der Kläger könne auch keine Zu...

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