Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer: Vorweggenommene Erbfolge, Übertragung eines Grundstücks zwischen Geschwistern zur Gleichstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Frage, ob ein Vorgang der Erbschaft- oder Schenkungsteuer und damit nicht der GrESt unterliegt, richtet sich ausschließlich nach dem ErbStG.
  2. Bei summarischer Betrachtung kann die Übertragung eines Grundstücks zwischen Geschwistern zur Gleichstellung der Schwester anlässlich der Übertragung eines Betriebes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge schenkungsteuerlich aus Sicht der Schwester so zu beurteilen sein, dass diese von ihrem Vater einen Ausgleichsanspruch geschenkt erhalten hat, oder dass der Gegenstand der Zuwendung aufgrund der einheitlich getroffenen Vereinbarungen zur vorweggenommenen Erbfolge die Grundstückshälfte des Bruders ist.
 

Normenkette

ErbStG § 7; GrEStG § 3 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.08.2014; Aktenzeichen II B 131/13)

BFH (Beschluss vom 11.08.2014; Aktenzeichen II B 131/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein grunderwerbsteuerpflichtiger oder -befreiter Erwerbsvorgang vorliegt.

Mit Vertrag vom … (Nr. …der Urkundenrolle für …des Notars …) übertrug der Vater der Antragstellerin, …, dem Bruder der Antragstellerin, …, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seine Gesellschaftsanteile an der … GmbH & Co KG und an der Komplementärin dieser KG, der … GmbH einschließlich des in Ziffer 2 des Vertrages bezeichneten Sonderbetriebsvermögens unter Vorbehalt von Rechten für sich selbst und seine Ehefrau, …. Der Bruder … verpflichtete sich u.a. zur Zahlung einer Leibrente (§ 3 des Vertrages).

In § 1 Ziffer 4 Satz 2 des Vertrages ist vereinbart: „Anstelle der Zahlung eines Gleichstellungsgeldes soll (der Bruder) … seinen Anteil an der Immobilie X-Straße in … auf seine Schwester … übertragen.” Diese Immobilie, ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück, hatte der Vater … mit Vertrag vom … unter Vorbehalt eines Nießbrauchs je zu ein Halb auf die Antragstellerin und ihren Bruder übertragen.

In § 4 des Vertrages „Gleichstellung von …” ist nochmals vereinbart: „… (der Bruder) verpflichtet sich gegenüber (seinem Vater) … und seiner Schwester …, zum Zwecke der Gleichstellung seiner Schwester … seinen Hälftemiteigentumsanteil an dem Grundbesitz X-Straße nach Maßgabe der Anlage 3 zu übertragen.” In Anlage 3 des Vertrages ist die Übertragung des zuvor dem Bruder … gehörenden Miteigentumsanteils an dem Grundstück X-Straße in … auf die Antragstellerin vereinbart. In § 1 Abs. 2 der Anlage heißt es: „Die Veräußerung erfolgt auf Veranlassung (des Vaters) … zum Zwecke der Gleichstellung seiner beiden Kinder im Hinblick auf die zur heutigen Urkunde vereinbarten Übertragungen auf (den Bruder) …. Die Übertragung erfolgt anstelle der Zahlung eines Ausgleichsgeldes.”

In § 6 des Vertrages „Pflichtteilsanrechnungen, gegenständlich beschränkte Pflichtteilsverzichte” trafen der Bruder … und die Antragstellerin sowie die Mutter … Vereinbarungen zur Anrechnung auf Pflichtteilsansprüche und verzichteten auf Pflichtteilsrechte in Bezug auf die dem Bruder … und auf die der Antragstellerin zugewandten Vermögenswerte.

In § 9 des Vertrages gaben die Vertragsbeteiligten den Wert des Hälfte-Miteigentumsanteils am Grundstück X-Straße in … mit € 200.000 an, wobei der anteilige Wert des übernommenen Nießbrauchs gegenwärtig nach den aktuellen Sterbetafeln € 50.000 betrage. Auf Frage des Finanzamts (FA) teilte der Notar mit, der Jahreswert des Nießbrauchsrechts betrage € 50.000; auf die Frage „in welcher Höhe wäre ein Ausgleichsgeld von (dem Bruder) … an (die Antragstellerin) … zu zahlen?” gab er an: € 200.000. Über die Höhe der Werte besteht kein Streit.

Der Vorgang liegt der Schenkungsteuerstelle des FA vor; die schenkungsteuerliche Bearbeitung ist noch nicht abgeschlossen.

Mit Bescheid vom … setzte das FA die Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von € …- Forderungsverzicht € 200.000, (halber) Jahreswert des Nießbrauchs 25.000 x Vervielfältiger = € …, zusammen € …- mit € … fest.

Im Einspruchsverfahren hiergegen und im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung macht die Antragstellerin geltend, der Vorgang sei grunderwerbsteuerfrei nach § 3 Nr. 2 Satz 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) aufgrund der Zuwendung ihrer Eltern an sie. Ihr Bruder … habe eine Auflage seines Vaters / seiner Eltern vollzogen. Der schenkungssteuerpflichtige Vorgang als materielle Voraussetzung für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 3 Nr. 2 GrEStG finde ausschließlich zwischen (dem Vater) … und der Antragstellerin statt. Der Besteuerung sei das Verhältnis zum Schenker, der die Auflage angeordnet habe, zugrunde zu legen. Auch der vorbehaltene Nießbrauch führe nicht zur Entgeltlichkeit der Übertragung, denn auch eine Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt sei eine reine, uneingeschränkte Schenkung im Sinne des § 516 BGB. § 3 Nr. 2 GrEStG sei eine rein sachliche, nicht personenbezogene Befreiungsvorschrift.

Hilfsweise sei der Vorgang grunderwerbsteuerfrei...

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