Leitsatz

Ein Erfordernis, wonach die Minderung der sich aus der ursprünglichen Rechnung ergebenden Bemessungsgrundlage davon abhängt, dass der Steuerpflichtige im Besitz einer vom Erwerber der Gegenstände oder Dienstleistungen übermittelten Bestätigung des Erhalts einer berichtigten Rechnung ist, fällt unter den Begriff der Bedingung im Sinne von Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem.

Die Grundsätze der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Verhältnismäßigkeit stehen einem solchen Erfordernis grundsätzlich nicht entgegen. Erweist es sich jedoch für den Steuerpflichtigen, den Lieferer der Gegenstände oder Dienstleistungen, als unmöglich oder übermäßig schwer, binnen angemessener Frist eine solche Empfangsbestätigung zu erhalten, kann ihm nicht verwehrt werden, vor den Steuerbehörden des betreffenden Mitgliedstaats mit anderen Mitteln nachzuweisen, dass er zum einen die unter den Umständen des konkreten Falles erforderliche Sorgfalt hat walten lassen, um sich zu vergewissern, dass der Erwerber der Gegenstände oder Dienstleistungen im Besitz der berichtigten Rechnung ist und von ihr Kenntnis genommen hat und dass zum anderen der fragliche Umsatz tatsächlich entsprechend den in der berichtigten Rechnung angegebenen Bedingungen getätigt worden ist.

 

Normenkette

Art. 90, Art. 273 der RL 2006/112/EG, § 17 Abs. 1 UStG

 

Sachverhalt

KFP lieferte Lebensmittel an eine Vielzahl von Abnehmern, und verschickte z.T. berichtigte Rechnungen z.T. wegen Rabatten, Retouren und Fehlern; sie überwachte zwar den Eingang der erforderlichen Bestätigung über den Erhalt der berichtigten Rechnung, erhielt diese aber oft auch nach Mahnungen nicht oder verspätet.

 

Entscheidung

Die Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1.Die Entscheidung ist für das UStG nur insoweit von Bedeutung, als sie deutlich macht, dass Nachweis­anforderungen nicht so konzipiert sein dürfen, dass auch bei Anwendung aller gebotenen Sorgfalt durch den Unternehmer letzterer allein das Risiko der Unmöglichkeit, den entsprechenden Nachweis zu erbringen, trägt.

2. Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor, dass "die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert [wird]". Eine polnische Vorschrift verlangte für die Minderung durch Preisnachlass beim Leistenden die Bestätigung des Erhalts einer berichtigten Rechnung innerhalb einer bestimmten Frist. Eine Regelung dieses Inhalts lässt das Unionsrecht grundsätzlich zu. Nicht damit zu vereinbaren ist jedoch, dass es weder eine (ggf. sanktionierte) Rechtspflicht des Empfängers zur Erteilung der Bestätigung gab noch eine Möglichkeit für den Leistenden nachzuweisen, dass er jedenfalls die erforderliche Sorgfalt hat walten lassen, um sich zu vergewissern, dass der Erwerber der Gegenstände oder Dienstleistungen die berichtigte Rechnung erhalten hat, und dass der fragliche Umsatz tatsächlich entsprechend den in der berichtigten Rechnung angegebenen Bedingungen getätigt worden ist.

3. Laut Rechtsprechung zu § 17 Abs. 1 UStG setzt die nachträgliche Minderung der Bemessungsgrundlage keine vorherige Korrektur der zuvor ­erteilten Rechnungen mit Steuerausweis voraus. Entscheidend ist vielmehr allein die tatsächliche Rückzahlung (BFH, Urteil vom 28.5.2009, V R 2/08, BFH/NV 2009, 1742, BFHE 226, 166).

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 26.1.2012 – C-588/10 – Kraft Foods Polska SA –

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