Leitsatz

Eine behelfsmäßige Wohnungseinrichtung, kein schriftlicher Mietvertrag, kein angemeldeter Telefon- bzw. Fernsehanschluss und kostenloses Wohnen: All diese Kriterien sprachen für das FG Hamburg gegen einen eigenen (Erst-)Hausstand eines Kindes in der Einliegerwohnung der Eltern.

 

Sachverhalt

Die Tochter nahm nach ihrem Studium ein befristetes Anstellungsverhältnis auf und bezog an ihrem neuen Arbeitsort eine 2-Zimmer-Wohnung. Zugleich meldete sie im elterlichen Haus einen Wohnsitz an, da sie dort (unentgeltlich) eine Einliegerwohnung bewohnte. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie schließlich die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung i. H. v. 8.415 EUR geltend. Das Finanzamt berücksichtigte diese Kosten nicht und vertrat die Auffassung, dass die Tochter in der Einliegerwohnung nicht über einen anerkennungswürdigen eigenen Hausstand verfügt hatte.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass kein eigener (Erst-)Hausstand vorlag und die Kosten einer doppelten Haushaltsführung daher nicht abgezogen werden konnten.

Ein eigener Hausstand i. S. der doppelten Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer den Haushalt selbst unterhält bzw. mitunterhält. Hierzu gehört auch, dass er für die Kosten des Haushalts aufkommt. Allerdings ist das Merkmal des entgeltlichen Wohnens kein unerlässliches Kriterium, sondern nur ein Indiz für eine anerkennungswürdige Haushaltsführung. Entscheidend ist vielmehr, ob sich ein eigener Hausstand aus einer Gesamtschau der Verhältnisse ergibt, in die neben der Entgeltlichkeit insbesondere die Einrichtung, Ausstattung und Größe der Wohnung, sowie die persönlichen Lebensumstände des Arbeitnehmers einfließen müssen.

Gemessen an diesen Grundsätzen verfügte die Tochter über keinen eigenen Hausstand in der Einliegerwohnung. Denn sie konnte keinen schriftlichen Mietvertrag und keine schriftliche Vereinbarung über die Kostentragung vorlegen, auch hatte sie für die Wohnung weder Telefon noch Radio/Fernseher angemeldet noch Versicherungen abgeschlossen. Die eingereichten Fotos zeigten zudem, dass die Wohnung eher behelfsmäßig eingerichtet war. Gegen einen eigenen Haushalt sprachen zudem, dass die Tochter die Einliegerwohnung unentgeltlich bewohnte (= Indizwirkung) und sie zuvor schon 5 Jahre zusammen mit ihrem Freund in einer gemeinsamen Wohnung gelebt hatte, ohne dabei den elterlichen Haushalt als (weiteren) Hausstand zu erklären.

 

Hinweis

Die Nichtzulassungsbeschwerde wird beim BFH unter dem Az. VI B 53/13 geführt.

Das FG wendet in seinem Urteil die ständige BFH-Rechtsprechung zur Annahme eines eigenen Hausstands an, die jedoch durch die kürzlich verabschiedete Reform des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl 2013 I S. 285 unterlaufen wird. Denn die gesetzlichen Neuregelungen sehen vor, dass ein eigener erster Hausstand ab dem VZ 2014 nur noch dann steuerlich anerkannt wird, wenn der Arbeitnehmer sich finanziell an den dortigen Kosten der Lebensführung beteiligt (= zwingende Voraussetzung). Diese Regelung widerspricht der moderaten Auffassung des BFH, der dem Merkmal des entgeltlichen Wohnens lediglich Indizwirkung zumisst.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil vom 17.04.2013, 6 K 134/11

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