Leitsatz

Kauft ein Unternehmer Honorarforderungen von Ärzten gegen ihre Patienten unter Übernahme des Ausfallrisikos (sog. echtes Factoring) gegen sofortige Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, liegt auch dann keine steuerfreie Kreditgewährung des Unternehmers (Factors) an die Ärzte vor, wenn der Unternehmer in der zugrunde liegenden Kaufpreisvereinbarung und in den Abrechnungen neben den Factoringgebühren getrennt einen sog. pauschalen Vorfinanzierungszins ausweist.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 8 Buchst. a und c UStG, Art. 2 Nr. 1, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 EG-RL, Abschn. 29a Abs. 2 Satz 2, Abschn. 18 Abs. 11 Sätze 5 und 6, Abschn. 18 Abs. 12 Sätze 5 ff. UStR 2008, Abschn. 2.4. Abs. 4 Sätze 5 und 6, Abschn. 2.4. Abs. 7 und 8, Abschn. 3.11. Abs. 2 Satz 2 UStAE

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, kaufte Honorarforderungen von Ärzten gegen ihre Patienten.

Die dazu jeweils geschlossene Abrechnungsvereinbarung enthielt u.a. folgende Regelung:

„3. Kaufpreis und Zahlung

Der Kaufpreis entspricht dem Rechnungsendbetrag abzüglich

  1.  1,50 % (bzw. 1,70 % – je nach Stand der Vereinbarung) vom Rechnungsendbetrag zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer
  2.  1,00 % vom Rechnungsendbetrag (pauschaler Vorfinanzierungszins bei einer durchschnittlichen Rückzahlungsdauer der Patientenforderungen von 45 Tagen und einem Jahreszinssatz von 8,00 %) und
  3.  1,45 EUR Bearbeitungsgebühr pro Rechnung sowie 0,72 EUR Portogebühr pro Rechnung jeweils zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer.”

Die Klägerin wies in ihren Abrechnungen gegenüber den Ärzten die Gebühren (3.a und c der ­Abrechnungsvereinbarung) und die Vorfinanzierungszinsen (3.b der Abrechnungsvereinbarung) getrennt aus.

Die Klägerin vertrat die Ansicht, ihre Umsätze seien teilweise steuerfrei. Die Vorfinanzierungsgebühren (3.b der Abrechnungsvereinbarung) seien die Gegenleistung für eine nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Kreditgewährung von ihr an die Ärzte.

Das FA folgte dem nicht.

Das FG wies die anschließende Klage ab (FG des Saarlandes vom 13.7.2010, 1 K 1307/07, Haufe-Index 2688937).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.

Er führte u.a. aus, die Klägerin habe steuerbare Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegen Entgelt in Form eines echten Factorings an die Ärzte erbracht.

Diese Umsätze seien nicht (teilweise) steuerfrei. Die Klägerin habe den Ärzten keine Kredite i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG gewährt. Eine eigenständige Vorfinanzierung der erworbenen Forderungen bis zu deren durchschnittlicher Rückzahlungsdauer von 45 Tagen liege entgegen Ziffer 3.b der Abrechnungsvereinbarung im Streitfall nicht vor.

 

Hinweis

Die Voraussetzungen für eine steuerbare Leistung gegen Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG sind beim echten Factoring – wie hier – erfüllt, wenn im Zusammenhang mit der Abtretung von Forderungen der Factor den sog. Anschlusskunden (hier: den jeweiligen Arzt) von der Einziehung der Forderungen sowie von dem Risiko ihrer Nichterfüllung entlastet und hierfür eine Vergütung erhält.

Umsatzsteuerfrei ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG die Gewährung von Krediten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.5.2012 – XI R 28/10

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