Bei nach dem 31.12.2004 abgeschlossenen Lebensversicherungen gilt in Abhängigkeit vom Lebensalter des Steuerpflichtigen und von der Laufzeit des Versicherungsvertrags bei Auszahlung eine differenzierte steuerliche Behandlung.[1] Allerdings werden ab dem Veranlagungszeitraum 2009 alle im Privatvermögen zufließenden Kapitaleinkünfte grundsätzlich einheitlich mit einer Abgeltungsteuer von 25 % belegt. Grundlegend beruht das Konzept der Abgeltungsteuer dabei auf einem Steuerabzug an der Quelle.

10.1 Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen

Als eine der zentralen Normen der gesonderten einkommensteuerlichen Behandlung der Erträge aus Kapitalvermögen schreibt § 32d EStG einen gesonderten Tarif vor und führt die Kapitalerträge an, bei denen der die Einkommensteuer abgeltende Steuertarif keine Anwendung findet. Des Weiteren trifft die Vorschrift Regelungen zur Pflicht- und Antragsveranlagung beim Zufluss von Kapitalerträgen.

10.1.1 Berechnung des gesonderten Tarifs im Einzelnen

Für private Kapitalerträge[1] gilt grundsätzlich ein gesonderter Steuersatz von 25 % (Abgeltungsteuer). Die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG ist keine tarifliche Steuer i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG. Steuerermäßigungen, die an die tarifliche Einkommensteuer anknüpfen[2], können infolgedessen die Einkommensteuer nach dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG nicht mindern.[3]

Die Abgeltungsteuer vermindert sich nach § 32d Abs. 1 Satz 2 EStG um die nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG anrechenbaren ausländischen Steuern. Dazu kommen 5,5 % Solidaritätszuschlag.[4] Besteht Kirchensteuerpflicht, ermäßigt sich der gesonderte Steuersatz nach § 32d Abs. 1 Satz 3 EStG wegen des insoweit nicht mehr möglichen Sonderausgabenabzugs[5] pauschal um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer. Die Einkommensteuer beträgt damit

 
  e – 4q  
  4 + k.  

Dabei sind "e" die nach den Vorschriften des § 20 EStG ermittelten Einkünfte, "q" die nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG anrechenbare ausländische Steuer und "k" der für die Kirchensteuer erhebende Religionsgesellschaft (Religionsgemeinschaft) geltende Kirchensteuersatz.[6]

 
Praxis-Beispiel

Berechnung Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag

Der Steuerpflichtige S erzielt in 2022 inländische Kapitaleinkünfte i. H. v. 1.000 EUR. Für S ist ein Kirchensteuersatz von 9 % maßgebend.[7] Die auszahlende Stelle hat folgende Kapitalertragsteuer einzubehalten:

 
  1.000 EUR = 244,50 EUR.
  4 + 0,09

Die Kirchensteuer beträgt (9 % von 244,50 EUR =)[8] 22,00 EUR und der Solidaritätszuschlag (5,5 % von 244,50 EUR =)[9] 13,44 EUR. Mithin ergibt sich eine Gesamtbelastung von (gerundet) 279,94 EUR bzw. 27,99 %. Bei einem Kirchensteuerhebesatz von 8 % beträgt die Gesamtbelastung 27,82 %.

10.1.2 Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer

Für Kapitalerträge i. S. d. § 20 EStG, die der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, ist die Einkommensteuer grundsätzlich mit dem Steuerabzug abgegolten.[1] Die abgeltende Wirkung des Steuerabzugs gilt auch für die nach § 43 Abs. 1 i. V. m. § 51a Abs. 2b EStG als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer erhobene Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag.[2]

Ab dem 1.1.2015 wird die Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer für die Angehörigen der kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaften automatisch einbehalten und abgeführt. Das automatisierte Verfahren setzt dabei auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der kirchensteuerlichen Behandlung von Kapitalerträgen auf.

Da der KiSt-Abzugsverpflichtete (z. B. ein Kreditinstitut, eine Versicherung oder eine Kapitalgesellschaft), das die Kapitalerträge des Steuerpflichtigen verwaltet und zahlbar macht, nicht ohne Weiteres wissen kann, welcher kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft der Steuerpflichtige angehört, können die Daten, mittels derer der Steuerpflichtige seiner jeweiligen Religionsgemeinschaft zugeordnet werden kann, unter Verwendung der Identifikationsnummer und des Geburtsdatums der Steuerpflichtigen vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) durch Datenfernübertragung abgefragt werden.[3] Die Kirchensteuer ist dann bei bestehender Kirchensteuerpflicht anhand des elektronischen Kirchensteuerabzugsmerkmals (KiStAM) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen.[4]

Regelabfrage

Die Kirchensteuer-Abzugsverpflichteten – insbesondere die Kreditinstitute – haben die Datenlage zur Kirchensteuer zum Stichtag 31.8. des betreffenden Jahres einmal im Jahr zu aktualisieren (Regelabfrage)[5] und zwar jeweils in der Zeit vom 1.9. bis zum 31.10. eines Jahres. Nur so kann sichergestellt werden, dass stets das zum Stichtag (31.8. des Abfragejahres) gebildete KiStAM im Folgejahr zur Anwe...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge