Halten wir uns einmal vor Augen, dass wir zwei Aufträge für ein Produkt haben:

Kunde A bestellt die Gebindegröße Karton, Kunde B eine volle Palette. Die Umlage der Gemeinkosten wird proportional bei beiden Aufträgen nach gleichem Schlüssel vorgenommen. Logischerweise wird der Auftrag über eine Palette zu hoch belastet, der Kleinauftrag zu niedrig.

Betrachten wir die Prozesskette für diese beiden Aufträge, so liegt auf der Hand, dass beide Aufträge nahezu gleiche Kosten verursachen:

  • Die Beschaffung eines Kartons verursacht die gleichen Kosten wie die Beschaffung einer Palette.
  • Für beide Aufträge muss eine komplette Auftragsbearbeitung mit Auftragsbestätigung, Lieferschein, Rechnung durchgeführt werden.
  • Der Aufwand für Auslagerung und Verpackung des Kleinauftrags ist wahrscheinlich höher als für den größeren Auftrag.
  • Für beide Aufträge ist der Aufwand der Buchhaltung gleich: Die Rechnung muss gebucht, die offenen Posten müssen nachverfolgt und die Zahlungseingänge jeweils verbucht werden.

Die Grundfragen der Prozesskostenrechnung sind:

  • Wie hoch sind die Kosten eines Beschaffungsvorganges?
  • Welche Kosten verursacht ein innerbetrieblicher Transport?
  • Welche Kosten entstehen durch Ein- und Auslagerungsvorgänge?
  • Wie viel kostet eine Auftragsabwicklung?
  • Wie viel kostet ein Rüstvorgang?
  • Welche Kosten entstehen durch zusätzliche Varianten?
  • etc.

Verursachungsprinzip greift

Durch die Prozesskostenrechnung wird dem Verursachungsprinzip größere Geltung verschafft. Die Basis für verursachungsgerechte Kostenzuordnung sind Bezugsgrößen, die einerseits die Funktion haben, Maßstab für die Kostenkontrolle in der Kostenstellenrechnung zu sein, andererseits Kostenverursachungsmaßstab in der Kostenträgerrechnung als Grundlage der Kalkulation zu sein. Bezugsgrößen haben somit eine Schlüsselfunktion für eine effektive Planung, Kontrolle und Verrechnung von Gemeinkosten. Traditionellen Kostenrechnungssystemen gelingt es nicht, diesen Anforderungen gerecht zu werden.

Prozesse als Kostentreiber

Die Prozesskostenrechnung folgt dem Grundgedanken, betriebliche Abläufe als Prozesse zu betrachten. In der deutschsprachigen Literatur wird die Prozesskostenrechnung meistens als eine Vollkostenrechnung für die indirekten Leistungsbereiche eines Unternehmens dargestellt. Es wird versucht, in diesen indirekten Bereichen eine ähnlich differenzierte Betrachtung vorzunehmen, wie dies in den Fertigungsbereichen der Fall ist. Der amerikanische Ansatz der Prozesskostenrechnung – das Activity Based Costing (ABC) – verfolgt einen weitergehenden Ansatz, indem er die direkten Leistungsbereiche, also die Produktion, ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Prozesskosten betrachtet. Die Prozesskostenrechnung geht davon aus, dass auch in Produktionsbereichen ein immer größerer Anteil an Gemeinkosten bestimmend für die gesamte Kostenstruktur ist und sich die Kosten mit den traditionellen Systemen der Kostenrechnung nicht mehr verursachungsgerecht erfassen lassen.

Kostenblock Planung und Steuerung

Der Anteil der Planungs- und Steuerungsfunktionen spielt eine immer größere Rolle. Der Anteil der als fix zu betrachtenden Kosten nimmt stetig zu. Im Grunde genommen können wir davon ausgehen, dass die Material-, die Energiekosten und die Betriebsstoffe variabel und die restlichen Kosten einschließlich der Fertigungslöhne fix sind. Die Planungs-, Steuerungs- und Kontrolltätigkeiten werden in Teilfunktionen zerlegt und die dabei anfallenden Kosten erfasst. Die Kosteneinflussgrößen werden ermittelt und fließen als Grundlage für die Kostenzuordnung auf die Kostenträger in die Kalkulation ein.

Das Grundansinnen ist, die nicht zurechenbaren Gemeinkosten (Strukturkosten) so aufzulösen, dass sie wie variable Einzelkosten auf die Produkte und Dienstleistungen verrechnet werden können. Gelingt es dabei, die Zusammenhänge in der Wirkungskette zwischen Kunden, Produkten, Prozessen, Ressourcen aufzudecken, können mittels der Prozesskostenrechnung die Auswirkungen von markt- und produktbezogenen Entscheidungen auf die veränderbaren Kosten und Kapazitäten in den Gemeinkostenbereichen transparent gemacht werden.

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