Art. 4 Abs. 4 DBA/Schweiz und vergleichbare Sonderregelungen in anderen DBA stellen die abkommensrechtliche Verbindung zum deutschen Außensteuergesetz – der Wegzugsbesteuerung – her. Die unbeschränkte Steuerpflicht muss zum Zeitpunkt des Wegzugs geendet haben; ansonsten ist Art. 4 Abs. 3 DBA/Schweiz einschlägig. Um die Voraussetzung der Wegzüglerregelung zu erfüllen, muss die betreffende Person in Deutschland mindestens 5 Jahre unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sein. Der Zeitraum der fünfjährigen unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland braucht dabei nicht an einem Stück erfüllt zu sein, d. h. Zeiten unbeschränkter Steuerpflicht sind zusammenzurechnen.

Ausnahmen des Art. 4 Abs. 4 DBA Schweiz:

  • Die Person hat die schweizerische Staatsangehörigkeit. Dabei ist unerheblich, ob dieses Merkmal zum Zeitpunkt des Wegzugs bereits vorlag.
  • Die Person hat nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit und ist in der Schweiz ansässig geworden, um dort eine echte unselbstständige Tätigkeit auszuüben und ist nicht an diesem Arbeitgeber über das Beschäftigungsverhältnis hinaus wesentlich interessiert.
  • Die Person, die nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit hat, wird nach dem Wegzug Grenzgänger, der in der Schweiz wegen Heirat mit einer Person schweizerischer Staatsangehörigkeit ansässig geworden ist[1]
  • Es kommt hierbei auf das Motiv des Arbeitnehmers im Zeitpunkt des Wegzugs an. Zu beachten ist allerdings der zeitliche Zusammenhang, der erfüllt sein muss. Die Finanzverwaltung Baden-Württemberg geht von einer "6-Monats-Regelung" aus. Auch das FG München hat entschieden, dass bei bereits lange vor Umzug und Heirat in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebenden Steuerpflichtigen dieses "Heiratsprivileg" nicht gilt.[2]
 
Praxis-Beispiel

Abwandererregelung Schweiz

Der bei einem deutschen Arbeitgeber in Konstanz beschäftigte F bezieht im Januar 01 in Winterthur/Schweiz eine Wohnung zusammen mit seiner Lebensgefährtin, einer Schweizer Staatsangehörigen. Er wird nach dem Wegzug grundsätzlich Grenzgänger nach Art. 15 a DBA Schweiz und erfüllt die Voraussetzungen der Abwandererregelung. Im März 01 erfolgt die Heirat. F macht geltend, im Zusammenhang mit der Heirat nach Winterthur gezogen zu sein.

Im vorliegenden Beispiel erfolgte der Wegzug im Zusammenhang mit der Heirat. Die Abwandererregelung greift hier bereits zum Zeitpunkt des Wegzugs nicht.

Sofern die Voraussetzungen der Wegzüglerregelung erfüllt sind, kann Deutschland die aus Deutschland stammenden Einkünfte im Jahr, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht geendet hat und in den folgenden fünf Jahren besteuern.

Unterliegen Einkünfte, die aus Deutschland stammen, gem. Art. 4 Abs. 4 DBA Schweiz der deutschen Besteuerung, werden die von diesen Einkünften nach dem DBA Schweiz erhobenen Schweizer Steuern in entsprechender Anwendung des § 34 c EStG angerechnet.

 
Hinweis

Wegzugsbesteuerung

Art. 4 Abs. 4 DBA/Schweiz lässt die Besteuerung in der Schweiz unberührt: Die Person ist der unbeschränkten schweizerischen Steuerpflicht unterworfen, und die deutsche Wegzüglerbesteuerung bleibt bei der schweizerischen Besteuerung unberücksichtigt. Die Beschränkungen des schweizerischen Besteuerungsrechts nach den Art. 6 – 22 werden bei der schweizerischen Besteuerung berücksichtigt, zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der Schweiz findet eine Anrechnung auf die deutsche Steuer nach Art. 24 Abs. 2 DBA/Schweiz statt.

Diese Regelung ist europarechtlich nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen das Freizügigkeitsabkommen der Schweiz mit der EU.[3]

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