4.4.1 Allgemeine Grundsätze

Bei Bau- und Montageleistungen wird eine Betriebsstätte innerstaatlich nur dann begründet, wenn ihre Dauer 6 Monate übersteigt (§ 12 Satz 2 Nr. 8 AO).

Diese nationale Betriebsstättendefinition greift jedoch regelmäßig nur in den Fällen, in denen im Verhältnis zum Sitzstaat der ausländischen Körperschaft kein DBA besteht. Besteht im Verhältnis zum Betriebsstättenstaat ein DBA, ist zu beachten, dass für dessen Anwendung der Betriebsstättenbegriff abweichend von § 12 Satz 2 Nr. 8 AO bestimmt sein kann; für den Regelfall wird eine Dauer von mehr als 6 Monaten vorausgesetzt (vgl. Tz. 4.2.1).

Die Besonderheit einer Bau- und Montagebetriebsstätte gegenüber einer ständigen Betriebsstätte liegt darin, dass sie nur für die Abwicklung des konkreten Auftrags besteht. Für Bau- und Montagearbeiten sieht das OECD-MA eine Betriebsstättenbegründung nur vor, wenn eine Frist von 12 Monaten überschritten ist.

Sofern die 12-Monatsfrist nicht erreicht wird, ist allerdings noch zu prüfen, ob nicht der Bauleiter eine Vollmacht i. S. eines "ständigen Vertreters" hat, oder ob ein Unternehmen, das ausschließlich oder fast ausschließlich im Inland/Ausland tätig ist, eine Geschäftsleitung dort – mit der Folge unbeschränkter Steuerpflicht – begründet.[1]

 
Hinweis

Fristen

Das OECD-MA mit seiner 12-Monatsfrist wurde von vielen Staaten nicht in das jeweilige DBA übernommen. Die deutschen DBA enthalten Fristen zwischen 3 und 24 Monaten.

 
Land: Dauer (Monate) Land: Dauer (Monate)
Belgien 9 Luxemburg 6; ab 2014: 12
Brasilien (DBA a. F. gekündigt) 12 Niederlande 12
Bulgarien 12 Norwegen 12
China 6 Österreich 12
Dänemark 12 Polen 12
Finnland 12 Portugal 6
Frankreich 12 Rumänien 12
Griechenland 12 Russland 12
Großbritannien 12 Schweden 12
Italien 12 Schweiz 12
Irland 12 Spanien 12
Lettland 9 Südkorea 12
Litauen 9 Ungarn 12

Eine umfassende Übersicht der abweichenden Regelungen ergibt sich auch aus der Anlage zu den Betriebsstättenverwaltungsgrundsätzen.[2]

Zu beachten ist allerdings, dass diese Übersichten die vielfältigen neuen Revisionsabkommen nicht berücksichtigen.

4.4.2 Wichtige Praxisfragen

4.4.2.1 Verhältnis des Art. 5 Abs. 3 zu Abs. 1 OECD-MA

Die Frage, ob Bauausführungen und Montagen unter den allgemeinen Begriff der Betriebsstätte (feste Geschäftseinrichtung) fallen, ist umstritten. Nach Tz. 16 des amtlichen OECD-MA-MK zu Art. 5 sind kurzfristige Bauausführungen und Montagen für sich keine Betriebsstätten, auch wenn zu ihnen feste Geschäftseinrichtungen gehören, wie z. B. ein ganzjährig nutzbarer Baucontainer, der von der Bauleitung genutzt wird.

Wird allerdings in einer solchen festen Geschäftseinrichtung wie einem Containerbüro eine Tätigkeit ausgeübt, die nicht nur von lediglich unterstützender oder vorbereitender Art ist (z. B. Leitung von mehreren kurzfristigen Bauausführungen und Montagen) und zugleich die Frist des Art. 5 Abs. 3 OECD-MA überschritten, so geht die Finanzverwaltung entsprechend des MAK[1] von einer Betriebsstätte i. S. d. Art. 5 Abs. 1 OECD-MA aus.[2] Die Ergebnisse sämtlicher wirtschaftlich von einer derartigen Geschäftsstelle geleiteten Baustellen sind in das Betriebsstättenergebnis einzubeziehen.

 
Praxis-Beispiel

Containerbüro

Die inländische Brückenbau-Maier-GmbH hat in Frankreich Aufträge über die Errichtung von drei Brücken erhalten. Um die Kosten gering zu halten, wird, obwohl die Bauwerke über 100 km auseinander liegen, ein Containerbüro in Marseille eingerichtet, das für die Baustelle 1 (Dauer sechs Monate), Baustelle 2 (Dauer sieben Monate) und Baustelle 3 (Dauer zwei Monate) tätig wird.

Lösung:

Ungeachtet der Regelung des offiziellen OECD-MA zu Art. 5, Tz. 18 (Einzelbetrachtung jeder Baustelle für die Berechnung der Zwölfmonatsfrist) liegt durch die ›Klammer‹ des gemeinsamen Containerbüros eine Betriebsstätte vor. Die Gewinne sind in Deutschland freizustellen.

[1] Rn 16 zu Art 5 OECD-MA

4.4.2.2 Fristenberechnung

Die Betriebsstätte entsteht mit der Aufnahme der gewerblichen Tätigkeiten am Ort der Bauausführung bzw. der Montageleistung. Hierfür genügen vorbereitende Arbeiten.

Sie endet mit der Fertigstellung des Bauwerks. Für den Regelfall wird dies der Zeitpunkt der Abnahme sein. Der Begriff der Bau- und Montageleistungen bezieht sich auf die Erstellung von Bauwerken und Anlagen.

Im Einzelnen geht die Finanzverwaltung von folgenden Aufgriffen und Eckwerten aus:

Beginn der Frist

  • Fristbeginn: Beginn der Arbeiten vor Ort;
  • Grundsatz: Maßgebend ist damit das Eintreffen der ersten Person an der Baustelle;
  • unerheblich ist hierbei, ob eigene Mitarbeiter oder die eines Subunternehmers eingesetzt werden[1];
  • es muss hierbei keine originäre Bautätigkeit sein, bereits Vorbereitungshandlungen auf der Baustelle wie das Vermessen der Baustelle oder die Einrichtung eines Bauplanunsbüros lösen die Frist aus;
  • [2]
  • Vorbereitungsarbeiten in Deutschland wie z. B. Planungsarbeiten sind irrelevant.
  • Eine Montage beginnt mit dem Eintreffen der ersten Person, die vom Montageunternehmen mit den vorzun...

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