2.1 Dokumentationsverpflichtungen

Neben den vorgenannten materiell-rechtlichen Änderungen im System der Verrechnungspreiskorrekturen ergeben sich hinsichtlich der Regelung der Funktionsverlagerung auch ergänzende Änderungen im sog. formellen Bereich, der Dokumentation der Verrechnungspreise. Normiert ist der Bereich der Verrechnungspreisdokumentation in §§ 90 Abs. 3, 162 Abs. 3 und 4 AO sowie der ergänzenden Gewinnaufzeichnungsverordnung.

Während für die "normale" Dokumentation von Verrechnungspreisen eine nachträgliche Erstellung innerhalb von 60 Tagen nach Aufforderung durch die Finanzbehörde möglich ist, gilt für "außergewöhnliche Geschäftsvorfälle" – und damit auch bei Funktionsverlagerungen – nach § 90 Abs. 3 Satz 3 AO die Besonderheit, dass die Aufzeichnungen bereits zeitnah, d. h. bis zum 30.6. des Folgejahrs[1], erstellt werden müssen. § 3 Abs. 2 Nr. 4 GAufzV (Fassung ab 2017) nennt ausdrücklich als außergewöhnlichen Geschäftsvorfall "die Übertragung und die Überlassung von Vermögenswerten im Zusammenhang mit wesentlichen Funktions- und Risikoänderungen im Unternehmen".

Diese Unterlagen dürfen damit nicht erst nach der Anforderung erstellt werden. Sie sind auf Anforderung innerhalb von 30 Tagen vorzulegen.

Nach § 5 Satz 2 Nr. 6 GAufzV a. F. / § 3 Abs. 2 Nr. 6 GAufzV 2017 ist der Steuerpflichtige zudem verpflichtet, in den Fällen der Funktions- und Risikoänderung i. S. d. § 3 Abs. 2 GAufzV Aufzeichnungen über Forschungsvorhaben und laufende Forschungstätigkeiten, die im Zusammenhang mit einer Funktionsverlagerung stehen können und in den 3 Jahren vor Durchführung einer Funktionsverlagerung stattfanden oder abgeschlossen worden sind, zu erstellen.

Die Vorschrift soll es der Finanzverwaltung erleichtern, in den Fällen von Funktionsverlagerungen ein selbst hergestelltes immaterielles Wirtschaftsgut und/oder Know-how festzustellen, das auf das aufnehmende Unternehmen übergegangen sein könnte.

Diese Verpflichtung gilt jedoch nur für diejenigen Unternehmen, die regelmäßig Forschung und Entwicklung betreiben und aus betriebsinternen Gründen Unterlagen über ihre Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erstellen (Controllingdaten), aus denen die geforderten Aufzeichnungen abgeleitet werden können.

Gesonderte Dokumentationsanforderungen ab 2022

Unabhängig von den vorgenannten allgemeinen Aufzeichnungspflichten enthält die FVerlV 22 auch eine gesonderte Aufzeichnungsverpflichtung zum Nachweis eines verkürzten Kapitalisierungszeitraums, der sich erheblich auf die Kosten des Transferpakets auswirkt.

Bei der Ermittlung der Barwerte für das Transferpakt ist – wie bislang – grundsätzlich von einem unbegrenzten Kapitalisierungszeitraum auszugehen. Die Verkürzung des Kapitalisierungszeitraums z. B. auf eine Restnutzungsdauer ist nur möglich, wenn der Steuerpflichtige entsprechende Gründe nachweisen kann (§ 5 FVerlV 22). Während die Alt-Fassung der FVerlV lediglich die Glaubhaftmachung eines begrenzten Kapitalisierungszeitraums fordert, ist ab 2022 ein Nachweis durch den Steuerpflichtigen nötig. Diese verschärfte Beweispflicht zu Ungunsten des Steuer­pflich­tigen könnte in Praxisfällen zu einer signifikanten Erhöhung des Transferpakets und damit zu einer Erhöhung der Steuerlast führen. Unbeantwortet ist die Frage, wie ein solcher Nachweis aussehen kann. Zumal es schwierig erscheint, konkrete Beweise für hypothetische, künftige Entwicklungen zu liefern.

 
Praxis-Beispiel

Dokumentation verkürzter Kapitalisierungszeitraum

Ein inländisches Unternehmen verlagert die Produktion eines "Auslaufmodells" eines Produkts auf ein verbundenes Unternehmen in einem Entwicklungsland, in dem noch mindestens 5 Jahre ein Markt für dieses Produkt besteht. In Deutschland soll in der Fabrik das Nachfolgeprodukt hergestellt werden.

Es handelt sich unstrittig um eine Funktionsverlagerung. Es stellt sich die Frage, wie nachgewiesen werden soll, dass nur noch für 5 Jahre ein Markt im Ausland besteht und nicht von einem "lebenslänglichen" Vorteil für die Auslandsgesellschaft auszugehen ist.

Beweislastverteilung

Ob bezüglich der Dokumentationsverpflichtungen von einer (vollständigen) Umkehr der Beweislast auszugehen sein wird, war in der Literatur streitig.[2]

Begründet wurde dies mit dem Darlegungserfordernis auch der Finanzverwaltung i. R. etwaiger nach DBA möglicher Verständigungsverfahren. Eine solche Beweislastumkehr wäre gesetzlich eindeutig zu regeln. I. R. d. von der Wirtschaft geforderten Klarstellung dieser Frage wurde in die Begründung zur GAufzV a. F. die Aussage aufgenommen, dass die Verpflichtung des Stpfl. auf das ernsthafte (anhand der Aufzeichnungen nachprüfbare) Bemühen begrenzt wird, seine Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu gestalten. Mit der Neufassung der GAufzV 2017 wurde der Vorwurf erhoben, dass das Beweisrisiko faktisch auf den Steuerpflichtigen verlagert wird.[3]

Auch hier dürfte gelten, dass die deutsche Finanzverwaltung ohne entsprechende Nachweise kaum ein Verständigungsverfahren mit einem ausländischen Staat g...

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