9.1 Einkunftsermittlung

Für den Progressionsvorbehalt bzw. den steuerpflichtigen Arbeitslohn sind die Einkünfte nach deutschem Recht zu ermitteln. Zu beachten ist insbesondere § 3c EStG, wonach Aufwendungen, die unmittelbar mit den steuerfreien Einnahmen aus der Auslandstätigkeit zusammenhängen, nicht abzugsfähig sind.

 
Praxis-Beispiel

Einkunftsermittlung

Der Steuerinländer A ist im Jahr 01 über 183 Tage in Frankreich tätig gewesen. Für diesen Zeitraum sind bei ihm u.  a. folgende Werbungskosten angefallen: Kosten der doppelten Haushaltsführung und Fahrtkosten zwischen der französischen Wohnung und dem dortigen Betrieb: 7.000 EUR.

Bei der Besteuerung des (restlichen) inländischen Arbeitslohns können diese Kosten nach § 3c EStG nicht abgezogen werden. Es kann nur geprüft werden, ob diese nach französischem Steuerrecht abzugsfähig sind. Bei der Ermittlung des Progressionsvorbehalts können diese Kosten jedoch abgezogen werden.

Der Anwendungsbereich des § 3c EStG betrifft hierbei nicht nur Aufwendungen in Zusammenhang mit "aktuellen" Einkünften, sondern auch Aufwendungen in Bezug auf eine künftige Auslandstätigkeit. So sind z.  B. vorab entstandene Werbungskosten, die durch eine nichtselbstständige Tätigkeit im Ausland veranlasst sind (z.  B. Bewerbungskosten für eine Auslandstätigkeit), nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigungsfähig.[1]

9.2 Progressionsvorbehalt

9.2.1 Anwendungsbereich

Nach der BFH-Rechtsprechung[1] setzt die Anwendung des Progressionsvorbehalts in DBA-Fällen lediglich voraus, dass das einschlägige DBA die Berücksichtigung eines Progressionsvorbehalts nicht verbietet. Die im jeweiligen Methodenartikel enthaltene Aussage über eine evtl. Anwendung des Progressionsvorbehalts haben demnach nur eine deklaratorische Wirkung. Damit ist der Progressionsvorbehalt auch in den Zu- bzw. Abwanderungsfällen des § 2 Abs. 7 EStG zulässig, obwohl Deutschland insoweit nicht Wohnsitzstaat i.  S. des DBA ist[2]..

Vor diesem Hintergrund sind gem. § 32b Abs. 1 Nr. 3 bis 5 EStG folgende Einnahmen in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen:

  1. die nach einem DBA steuerfrei sind (Nr. 3),
  2. die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Abkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind (Nr. 4),
  3. sowie Einkünfte, die bei Anwendung von §§ 1 Abs. 3, 1a, 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG in Deutschland unberücksichtigt bleiben (Nr. 5).
 
Hinweis

Progressionsvorbehalt in "Nicht-DBA-Fällen"

Nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Abkommen (nicht DBA, sondern z.  B. UN-Vorrechte) steuerfrei zu stellende Einkünfte (z.  B. Tätigkeit für UN-Organisationen) unterliegen nur dem Progressionsvorbehalt, wenn dies im Abkommen ausdrücklich so vorgesehen ist.

9.2.2 Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags beim Progressionsvorbehalt

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag[1] ist gem. § 32b Abs. 2 EStG bei der Ermittlung des für den Progressionsvorbehalt zu berechnenden besonderen Steuersatzes nur zu berücksichtigen, soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbar ist. Andere Werbungskosten können nur berücksichtigt werden, wenn sie zusammen mit den bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbaren Werbungskosten (Summe der Werbungskosten zu inländischem und ausländischem Arbeitslohn) den Pauschbetrag übersteigen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags beim Progressionsvorbehalt

 
Inländische Einnahmen: 10.000 EUR => Werbungskosten 0 EUR
Steuerfr. ausl. Einnahmen: 15.000 EUR => Werbungskosten 500 EUR
Berechnung: Inland   Ausland  
Einnahmen 10.000 EUR   15.000 EUR  
Arbeitnehmer-Pauschbetrag 920 EUR   0 EUR  
Einkünfte 9.080 EUR   15.000 EUR  
[2]

Zu weiteren Einzelheiten der Berechnung dieses Sondersteuersatzes vgl. Progressionsvorbehalt.

9.3 Sonderausgabenabzugsbeschränkungen

9.3.1 Allgemeines

Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG kommt ein Sonderausgabenabzug für Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nrn. 2, 3 und 3a EStG nur dann in Betracht, wenn diese nicht in "unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang" mit steuerfreien Einnahmen stehen.

Die Regelung soll verhindern, dass der Steuerpflichtige neben der Steuerfreiheit bestimmter Einnahmen die hierzu wirtschaftlich gehörenden Ausgaben i.  S. des § 10 Abs. 1 Nrn. 2, 3 und 3a EStG steuermindernd abziehen kann. Demnach wirkt die Abzugsbeschränkung für Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG einer doppelten steuerlichen Begünstigung entgegen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Begriff des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs analog zu § 3c EStG auszulegen. Nach Ansicht des BFH ist ein solcher Zusammenhang zwischen Einnahmen und Aufwendungen dann anzunehmen, wenn die Einnahmen und die Aufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst wurden.

 
Hinweis

Eine Auslegung des "unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs" im vorstehenden Sinne führt bezogen auf nachfolgende unterschiedliche Fallgruppen zu folgendem Ergebnis:

  1. Pflich...

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