Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

 

Tatbestand

Der Kläger beantragt,

den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für November 1996 aufzuheben und ihm bis Februar 1997 weiterhin Kindergeld zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung der Auffassung, dem Kläger stehe kein Kindergeld zu, weil die Kinder ab November 1996 nicht in seinem Haushalt lebten.

Das Gericht hat die Mutter der Kinder mit Beschluß vom 15. Mai 1998 gem. § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren notwendig beigeladen. Wegen des von der Beigeladenen vorgetragenen Sachverhalts wird auf deren Schriftsätze vom 2. und 17. Juni 1998 verwiesen. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Dem Gericht lag die den Streitfall betreffende Kindergeldakte vor. Ferner hatte es die Akten der Staatsanwaltschaft am Landgericht … zum Ermittlungsverfahren gegen die Beigeladene (Verdachts des Kindesentzuges) zugezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Zu Recht hat die Familienkasse einen Kindergeldanspruch des Klägers ab November 1996 abgelehnt.

Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) steht bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen Elternteil zu, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Dabei wird das Kindergeld vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzung der Haushaltsaufnahme erfüllt ist, bis zum Ende des Monats, in dem diese Anspruchsvoraussetzung wegfällt (§ 66 Abs. 2 EStG).

§ 64 Abs. 2 EStG stellt auf die Aufnahme in den Haushalt des Berechtigten ab. Anders als z.B. in § 32 Abs. 7 Satz 2 EStG erfolgt die Zuordnung zu einem Haushalt nicht nach formal-rechtlichen Kriterien wie der Eintragung ins Melderegister. Maßgebend sind vielmehr die tatsächlichen Umstände, unter denen das Kind lebt. In den Haushalt aufgenommen ist ein Kind, wenn es dort wohnt, versorgt und betreut wird, dort also sein „Zuhause” hat (vgl. Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 63 EStG Rz. 8; Weber-Grellet in Schmidt. § 63 EStG Rz. 5). Dieses sogenannte Obhutsprinzip hat der Gesetzgeber der heutigen Gesetzesfassung bewußt zugrunde gelegt (BT-Drucksache 13/1558, Seite 165 zu dem gleichlautenden § 3 Abs. 2 BKGG n.F.). Deshalb sind weder die Gründe, aus denen ein Kind in einen Haushalt nicht, in einen anderen Haushalt jedoch aufgenommen worden ist, noch der Umstand, wer sich in welcher Höhe an den Unterhaltsleistungen beteiligt hat, nach dem Gesetzeswortlaut von entscheidungserheblicher Bedeutung (vgl. zu der insoweit vergleichbaren Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 7 BKGG a.F.: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.10.1984. 10 RKg 12/83, Reg. Nr. 15400).

Im Streitfall waren die Töchter des Klägers ab Mitte Oktober 1996 nicht mehr in dessen Haushalt aufgenommen. Sie lebten unstreitig nicht mehr bei ihm, nachdem sie von der Beigeladenen am 17.10.1996 nach … gebracht worden waren. Der Kläger konnte auch faktisch keine unmittelbare Erziehungs- und Betreuungsfunktion mehr ausüben, weil die Beigeladene ihm keinen Zugriff auf die Kinder ermöglichte. Anders als bei einem nur besuchsweisen Aufenthalt bei einem anderen Elternteil verdeutlicht der tatsächliche Geschehensablauf, daß die Abwesenheit vom Haushalt des Klägers nicht nur vorübergehend war. Die Behauptung des Klägers, die Verbringung der Kinder habe der Beigeladenen nur zu dem Zweck gedient, seine familienrechtlichen Ansprüche (welche?) zu vereiteln, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Es kam der Beigeladenen ersichtlich darauf an, die Kinder zu sich zu holen, um sie zu betreuen und zu versorgen. Sie stellte nur den Zustand her, der nach dem Beschluß des Amtsgerichts Bad Homburg vom 19.9.96 durch den Kläger selbst hätte geschaffen werden sollen. Das Verhalten der Beigeladenen, die sich von Anfang an um das Aufenthaltsbestimmungsrecht bemüht und heute auch das vorläufige Sorgerecht erhalten hat, läßt keinesfalls den Schluß zu, sie habe die Kinder nur vorübergehend dem Einfluß des Vaters und damit nicht seiner Obhut entziehen wollen.

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es für die Entscheidung im Streitfall nicht darauf an, ob die Kinder gegen seinen Willen bei der Mutter lebten. Das objektive Merkmal der Haushaltsaufnahme wird auch weder von einer einvernehmlichen Regelung der Eltern noch von einer Entscheidung der Familiengerichte über die Aufenthaltsbestimmung berührt. Für die vom Gericht vertretene Rechtsauffassung, daß die Kindergeldberechtigung allein von den tatsächlichen Gegebenheiten abhängt, sprechen nicht nur der in der Gesetzesbegründung dokumentierte Wille des Gesetzgebers, sondern auch Praktikabilitätsgesichtspunkte. Dies verdeutlichen anschaulich die Verhältnisse des Streitfalls:

Die sich im Ausspruch hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrecht widersprechenden Gerichtsentscheidungen hätten der Familienkasse eine eindeutige, mit dem Gesetzeswortlaut übereinstimmende Entscheidung bezüglich de...

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