Leitsatz

Der Haftungsschuldner kann auch nach Ergehen des Umsatzsteuer-Jahresbescheids gegenüber dem Steuerschuldner noch durch Haftungsbescheid für rückständige Umsatzsteuer-Vorauszahlungen in Anspruch genommen werden, wenn die Haftungsvoraussetzungen (nur) bezüglich der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen vorlagen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.10.1999, VII R 98/98

Anmerkung:

Die Klägerin war bis November 1993 alleinige Geschäftsführerin einer GmbH. Nachdem die USt-Jahresschuld für 1993 gegen die GmbH bestandskräftig festgesetzt worden war, nahm das FA die Klägerin durch Haftungsbescheid für die USt-Vorauszahlungsansprüche Juli bis Oktober 1993 in Anspruch. Dagegen wendete sich die Klägerin mit der Begründung, mit Erlass des Jahresbescheids hätten die Vorauszahlungsbescheide ihre Wirksamkeit verloren; die im Kalenderjahr entstandene USt ergebe sich zukünftig allein aus dem Jahressteuerbescheid und der hierauf beruhenden Steuerabrechnung.

Der BFH hält die Inanspruchnahme der Klägerin als Haftende für die rückständige USt-Vorauszahlungsschuld der GmbH für rechtmäßig. Nach Auffassung des BFH bleiben die USt-Vorauszahlungsansprüche als selbständige Ansprüche auch dann bestehen, wenn bereits der Jahressteuerbescheid ergangen ist. Die Ansprüche auf Vorauszahlung von USt für die Voranmeldungszeiträume des Kalenderjahrs gehen materiellrechtlich in die für das Kalenderjahr zu entrichtende Steuer ein. Sie erlöschen nicht durch die Festsetzung der Jahressteuer und werden auch nicht durch einen neuen Anspruch abgelöst; vielmehr sind sie Teil der für das Kalenderjahr entstandenen USt. Soweit die Vorauszahlungsschuld durch Tilgung erloschen ist, wird dies im Abrechnungsteil des USt-Jahresbescheids berücksichtigt, so dass nurmehr der positive oder negative Saldo zwischen der Jahressteuerschuld und den Vorauszahlungsschulden in Erscheinung tritt. In diesem Saldo sind die rückständigen Vorauszahlungsansprüche des FA verkörpert. Der Primäranspruch des FA auf die Entrichtung der rückständigen Vorauszahlungsschulden besteht hiernach auch noch nach Festsetzung der Jahressteuerschuld, so dass der Haftende hierfür – bei Vorliegen der übrigen Haftungsvoraussetzungen – durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden kann.

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