Geht das Grundstück innerhalb von 10 Jahren im Rahmen einer Anwachsung über, scheidet eine Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 1 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG in folgenden Fällen aus:

Übergang auf den grundstücksübertragenden Gesamthänder (in einem oder mehreren Rechtsakten)

 
Praxis-Beispiel

Anwachsung in einem Rechtsakt

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine GbR, an deren Vermögen er mit 40 % sowie B und C mit je 30 % beteiligt sind. Im Jahr 04 übernimmt A die Anteile des B und C und führt das Unternehmen nunmehr als Einzelunternehmen fort.

Schaubild

Quelle: BstBl 2015 I S. 1029 Rz. 7.6

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 40 % nicht erhoben.

Jahr 04:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbare Anwachsung infolge der Übernahme der Gesellschaftsanteile der beiden ausscheidenden Gesellschafter B und C wird die Steuer nach § 6 Abs. 2 GrEStG ebenfalls i. H. v. 40 % nicht erhoben. § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG kommt in Bezug auf die Übertragung im Jahr 01 nicht zur Anwendung, da A nach wie vor in Höhe seines bisherigen Anteils am Vermögen der GbR am Wert des Grundstücks beteiligt ist. Mit der Anwachsung endet zudem die Überwachung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG.

Übergang auf einen Gesellschafter, der das Grundstück nicht übertragen hat (in einem oder mehreren Rechtsakten

 
Praxis-Beispiel

Anwachsung in einem Rechtsakt

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine GbR, an deren Vermögen er mit 40 %, B mit 50 % und C mit 10 % beteiligt sind. Im Jahr 04 übernimmt B in einem Rechtsakt die Anteile des A und C und führt das Unternehmen als Einzelunternehmen fort.

Schaubild

Quelle: BStBl 2015 I S. 1029 Rz. 7.6

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 40 % nicht erhoben.

Jahr 04:

Bei der Übernahme der Gesellschaftsanteile der ausscheidenden Gesellschafter A und C durch B handelt es sich um eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbare Anwachsung. Die Steuer wird nach § 6 Abs. 2 GrEStG in Höhe des seit der Übertragung des Grundstücks im Jahr 01 unverändert bestehenden Anteils am Vermögen der GbR (50 %) nicht erhoben.

In Bezug auf die Übertragung im Jahr 01 durch A führt die Anwachsung nicht zur Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG, weil die Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des A an der GbR unmittelbar mit einem steuerbaren Rechtsvorgang im Zusammenhang steht. Eine Steuerumgehung ist insoweit objektiv ausgeschlossen. Mit der Anwachsung endet zudem die Überwachung.

 
Praxis-Beispiel

Anwachsung in mehreren Rechtsakten

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine GbR, an deren Vermögen er mit 50 % sowie B und C mit je 25 % beteiligt sind. Im Jahr 03 übernimmt B zunächst den Anteil des A und im Jahr 04 den Anteil des C. Anschließend führt B das Unternehmen als Einzelunternehmen fort.

Schaubild

Quelle: BStBl 2015 I S. 1029 Rz. 7.6

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 50 % nicht erhoben.

Jahr 03:

A hat durch sein Ausscheiden aus der GbR im Jahr 03 die an die Vergünstigung seiner Grundstücksübertragung anknüpfende 10-Jahresfrist[2] nicht eingehalten. Die bisher gewährte Steuervergünstigung von 50 % ist nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG rückwirkend zu versagen. Zudem endet die Überwachung.

Jahr 04:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbare Anwachsung infolge der Übernahme des Gesellschaftsanteils des vorletzten ausscheidenden Gesellschafters C wird die Steuer nach § 6 Abs. 2 GrEStG in Höhe der seit dem Anteilserwerb von A bestehenden gesamthänderischen Mitberechtigung des B an der GbR (75 %) nicht erhoben.

Dem Grunde nach ist zwar hinsichtlich der von A hinzuerworbenen Beteiligung der Tatbestand des § 6 Abs. 4 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Die Vorschrift findet jedoch keine Anwendung, weil der Erwerb des Anteils des A durch B im Zusammenhang mit einer rückwirkenden Versagung einer Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG stand und damit bereits der Grunderwerbsteuer unterlegen hat. Damit ist der Grund dafür entfallen, auf die hinzuerworbenen Anteile die Sperrfrist des § 6 Abs. 4 Nr. 1 GrEStG anzuwenden.

Übergang auf einem fremden Dritten (in einem Rechtsakt)

Auch hier liegt – wie in den zuvor dargestellten Fällen – ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbarer Rechtsvorgang vor, der einen Missbrauch objektiv ausschließt.

 
Wichtig

In Anwachsungsfällen zu beachtende Grundsätze

  • Verringert der grundstücksübertragende Gesamthänder seine Beteiligung an der Gesamthand innerhalb der 10-Jahresfrist[3], ohne dass hierdurch zugleich eine steuerbare Anwachsung verwirklicht wird, findet § 5 Abs. 3 Satz 1 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG Anwendung.
  • Hat ein Mitgesellschafter die Beteiligung in diesem Umfang übernommen, wird die Grunderwerbsteuer bei einer späteren Anwachsung in dessen Hand nicht erhoben, soweit es seinem Anteil am Vermögen im Zeitpunkt der Anwachsung entspricht...

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