Bei nur teilweise unternehmerisch genutzten Ehegattengrundstücken ergeben sich bei gemeinsamer Auftragsvergabe der Ehegatten unterschiedliche umsatzsteuerliche Konsequenzen. Diese hängen davon ab, in welchem Umfang das Gebäude unternehmerisch genutzt und in welchem Umfang das Gebäude nach dem Willen der Beteiligten dem Unternehmensvermögen zugeordnet wird. Außerdem kommt es darauf an, ob für das betreffende Grundstück bzw. Gebäude die Einschränkung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1b UStG anzuwenden ist oder nicht.

 
Praxis-Beispiel

Gemischt genutztes Ehegattengrundstück (sog. Altfall, keine Anwendung des § 15 Abs. 1b UStG)

Ein Grundstück steht je zur Hälfte im Eigentum von Eheleuten. Der Ehemann ist selbstständiger Anwalt und nutzt Teile eines vor dem 1.1.2011 neu errichteten Gebäudes als Kanzleiräume. Die übrigen Räume nutzen die Eheleute als Wohnung. Auf die Baukosten des gesamten Gebäudes entfallen 100.000 EUR Umsatzsteuer.

Je nach dem Prozentanteil der Kanzleiräume an der gesamten Wohn- und Nutzfläche des Gebäudes kann der Unternehmer-Ehemann den Vorsteuerabzug aus den Baukosten des Gebäudes ohne die Vorsteuerbeschränkung des § 15 Abs. 1b UStG in unterschiedlicher Höhe vornehmen. Wird der dem Unternehmensvermögen zugeordnete Miteigentumsanteil auch nichtunternehmerisch (privat) genutzt, führt dies weiterhin insoweit zu einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG und damit zu einer Besteuerung der Privatnutzung:

 
  Kanzlei Privaträume Zuordnung zum ­Unternehmen Abziehbare Vorsteuer USt für Privat­nutzung
a) 3 % 97 % Nicht möglich, weil ­unter 10 % 0 EUR nein
b) 8 % 92 % Nur im Umfang der untern. Nutzung 8.000 EUR nein
c) 8 % 92 % Gesamter ­Miteigentumsanteil 50.000 EUR ja
d) 50 % 50 % Gesamter ­Miteigentumsanteil 50.000 EUR nein
e) 60 % 40 % Gesamter ­Miteigentumsanteil 50.000 EUR nein

In Variante b) scheitert eine Zuordnung des Miteigentumsanteils zum Unternehmen nicht an der 10 %-Grenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG, weil der Miteigentumsanteil des Ehemanns zu 16 % (und damit zu mindestens 10 %) unternehmerisch genutzt wird. Bei einer Zuordnung des Miteigentumsanteils zum Unternehmensvermögen nur im Umfang der unternehmerischen Nutzung des Gebäudes kann der Ehemann zwar nur 8.000 EUR Vorsteuern abziehen, braucht aber dafür keine private Nutzung zu versteuern, weil der dem Unternehmensvermögen zugeordnete Anteil insgesamt unternehmerisch genutzt wird.

In Variante c) entscheidet sich der Ehemann, seinen gesamten Miteigentumsanteil am Grundstück seinem Unternehmensvermögen zuzuordnen. Er kann dann zwar die gesamte auf seinen Miteigentumsanteil entfallende Vorsteuer von 50.000 EUR abziehen, muss dafür aber eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG versteuern, soweit dieser Miteigentumsanteil für private Wohnzwecke verwendet wird.

 
Praxis-Beispiel

Gemischt genutztes Ehegattengrundstück (Anwendung des § 15 Abs. 1b UStG)

Ein Grundstück steht je zur Hälfte im Eigentum von Eheleuten. Der Ehemann ist selbstständiger Anwalt und nutzt Teile eines nach dem 31.12.2010 neu errichteten Gebäudes als Kanzleiräume. Die übrigen Räume nutzen die Eheleute als Wohnung. Auf die Baukosten des gesamten Gebäudes entfallen 100.000 EUR Umsatzsteuer.

Je nach dem Prozentanteil der Kanzleiräume an der gesamten Wohn- und Nutzfläche des Gebäudes kann der Unternehmer-Ehemann den Vorsteuerabzug aus den Baukosten des Gebäudes in unterschiedlicher Höhe vornehmen. Wird der dem Unternehmensvermögen zugeordnete Miteigentumsanteil auch nichtunternehmerisch (privat) genutzt, führt dies anteilig zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG. Dafür entfällt aber der Ansatz einer unentgeltlichen Wertabgabe:

 
  Kanzlei Privaträume Zuordnung zum ­Unternehmen Abziehbare Vorsteuer USt für Privat­nutzung
a) 3 % 97 % Nicht möglich, weil ­unter 10 % 0 EUR nein
b) 8 % 92 % Nur im Umfang der untern. Nutzung 8.000 EUR nein
c) 8 % 92 % Gesamter ­Miteigentumsanteil 8.000 EUR nein
d) 50 % 50 % Gesamter ­Miteigentumsanteil 50.000 EUR nein
e) 60 % 40 % Gesamter ­Miteigentumsanteil 50.000 EUR nein

In Variante b) scheitert eine Zuordnung des Miteigentumsanteils zum Unternehmen nicht an der 10 %-Grenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG, weil der Miteigentumsanteil des Ehemanns zu 16 % (und damit zu mindestens 10 %) unternehmerisch genutzt wird. Bei einer Zuordnung des Miteigentumsanteils zum Unternehmensvermögen nur im Umfang der unternehmerischen Nutzung des Gebäudes kann der Ehemann 8.000 EUR Vorsteuern abziehen. § 15 Abs. 1b UStG kommt nicht zur Anwendung, weil der Miteigentumsanteil des Ehemanns insgesamt unternehmerisch genutzt wird.

In Variante c) entscheidet sich der Ehemann, seinen gesamten Miteigentumsanteil am Grundstück seinem Unternehmensvermögen zuzuordnen. In diesem Fall ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG nur für den unternehmerisch genutzten Gebäudeteil zu gewähren.

 
Praxis-Tipp

Ehegattengemeinschaft kann an Unternehmer-Ehegatten vermieten

Der Vorsteuerabzug bei der Errichtung von Gebäuden auf Ehegattengrundstücke...

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