Leitsatz

Eine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG durch Übertragung eines vermieteten oder verpachteten bebauten Grundstücks liegt auch dann vor, wenn dieses nur teilweise vermietet oder verpachtet ist, die nicht genutzten Flächen aber zur Vermietung oder Verpachtung bereitstehen, da hinsichtlich dieser Flächen auf die Fortsetzung der bisherigen Vermietungsabsicht abzustellen ist. Für die Fortführung einer selbstständigen wirtschaftlichen Vermietungstätigkeit durch den erwerbenden Unternehmer reicht es aus, wenn dieser einen Mietvertrag übernimmt, der eine nicht unwesentliche Fläche der Gesamtnutzfläche des Grundstücks umfasst.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1a, § 15a Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 4 und 6a S. 1 UStG 1993, § 139 Abs. 4 FGO, Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Streitig war, ob die Veräußerung des teilweise vermieteten Grundstücks durch die Klägerin im Rahmen einer Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) erfolgt war, weil nur noch ein Teil der zuvor vermieteten Räume im Zeitpunkt des Verkaufs vermietet war und vereinbarungsgemäß ein Mietverhältnis zum Erwerbszeitpunkt beendet sein musste.

Das FA verneinte eine Geschäftsveräußerung. Das FG gab der Klage statt (FG Köln, Urteil vom 12.12.2006, 8 K 1130/05, Haufe-Index 1692665, EFG 2007, 456).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen. Unbeachtlich war, dass der Erwerber das Büroinventar nicht übernommen hatte, da eine Geschäftsveräußerung auch dann vorliegt, wenn der Erwerber das Unternehmen in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen war auch unerheblich, ob der Erwerber den Willen hat, ein "Unternehmen im Ganzen" zu erwerben, wenn er es fortführt.

 

Hinweis

1. Die Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG löst keine Vorsteuerberichtigung aus, weil gem. § 15a Abs. 6a S. 1 UStG der für das Wirtschaftsgut maßgebliche Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen wird. Der Erwerber führt den bisherigen Berichtigungszeitraum fort.

2. Die Beurteilung, ob eine Geschäftsveräußerung vorliegt, erfordert eine Gesamtwürdigung. Entscheidend ist, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln. Die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen ist nicht erforderlich. Eine Fortsetzung der bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit liegt auch vor, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert. Dass der Erwerber das Unternehmen ohne großen finanziellen Aufwand fortführen kann, ist nicht zwingend.

3. Die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks ist stets eine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG, da durch den mit Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Miet- oder Pachtvertrag ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen wird. Eine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG durch Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks liegt auch dann vor, wenn dieses nur teilweise vermietet oder verpachtet ist. Sind die nicht genutzten Flächen aber weiterhin zur Vermietung oder Verpachtung bestimmt, ist hinsichtlich dieser Flächen auf die Fortführung der bisherigen Vermietungs- oder Verpachtungsabsicht abzustellen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.04.2009 – V R 4/07

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