Leitsatz

Jahressteuererklärungen sind spätestens fünf Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums abzugeben (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO). Diese Frist kann verlängert werden (§ 109 Abs. 1 Satz 1 AO). Für steuerberatende Berufe hat die Finanzverwaltung bestimmt, dass die Frist zur Abgabe der Erklärungen für 1990 allgemein bis zum 30. 9. 1991 verlängert wird, darüber hinaus auf Antrag bis zum 29.2. 1992, eine weitere Verlängerung ist nur in "zwingenden Ausnahmefällen aufgrund von Einzelanträgen" möglich (gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 15. 1. 1991, BStBl 1991 S. 78).

Die Verwaltungsvorschriften lassen keinen Ermessensfehler erkennen. Insbesondere ist die Dreiteilung der Verlängerungsmöglichkeiten sachgerecht: Abgeltung der allgemeinen Arbeitsbelastungen durch die generelle Fristverlängerung bis zum 30. 9.; vereinfachtes Antragsverfahren für eine Fristverlängerung bis zum 29. 2. bzw. 31. 5. (bei Land- und Forstwirten, die den Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln) des Folgejahres; danach individuelles Antragsverfahren (Einzelanträge) für eine Fristverlängerung über den 29. 2. bzw. 31. 5. des Folgejahres hinaus.

Ein zwingender Ausnahmefall, der eine Verlängerung der Abgabefrist um mehr als 14 Monate rechtfertigt, muss substanziiert und glaubwürdig vorgetragen werden. Unzulänglich ist das Vorbringen, es hätten Gesetzesänderungen berücksichtigt, die Auswirkungen von gerichtlichen Entscheidungen (BVerfG) bedacht, Mandanten in den neuen Bundesländern betreut werden müssen; unerheblich ist auch, dass sich der Steuerberater fortbilden und Seminare abhalten musste oder seine Personallage schwierig ist.

Indessen kann das Vorbringen, der Steuerberater sei in besonderem Maße durch die Führung von Steuerprozessen in Anspruch genommen (ca. 400 anhängige Fälle), einen Ausnahmefall begründen. Ein Ablehnungsbescheid, der auf ein solches Vorbringen überhaupt nicht eingeht, ist aufzuheben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.06.2000, X R 24/95

Anmerkung:

Der BFH hat sich mit der Abgabe der Steuererklärungen 1990 befasst. An der damals geltenden Fristenregelung hat sich seither nichts geändert. Indem der BFH die Rechtmäßigkeit der Regelung für 1990 bestätigt, billigt er die ständige Verwaltungspraxis. Sind die Erklärungen auch 14 Monate nach Ablauf des Veranlagungsjahrs noch nicht abgegeben, muss der Steuerberater schon sehr gewichtige Gründe anführen, um die weitere Säumnis zu rechtfertigen. Belastungen allgemeiner Art, die jeden Steuerberater treffen, können jedenfalls nicht geltend gemacht werden.

Anders kann es sich verhalten, wenn der Steuerberater durch eine Flut von Rechtsbehelfsverfahren von der Erklärungsarbeit abgehalten wird. Der BFH konnte mangels Feststellungen hierauf nicht näher eingehen. Auch die hohe Zahl der Rechtsbehelfsverfahren (ca. 400) gab keinen Aufschluss über die Belastung. Es konnte sich ja um gleichartige, leicht abzuwickelnde Verfahren handeln. Schließlich kommt auch ein querulatorisches Verhalten in Betracht. Dem BFH genügte, dass die Verwaltung überhaupt nicht auf dieses Vorbringen eingegangen war. Schon hierin lag ein Ermessensfehler, der zur Aufhebung des Ablehnungsbescheids führen musste.

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