Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug bei gemischt genutztem Gebäude

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes zur gemischten Nutzung nach Ergehen des Urteils des EuGH vom 25. Juli 2018 C-140/17 "Gmina Ryjewo".

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.09.2022; Aktenzeichen V R 4/20)

 

Tatbestand

Strittig ist die Versagung des Vorsteuerabzugs mangels Zuordnungsentscheidung.

Der Kläger ist mit der Vermietung von Grundstücken unternehmerisch tätig. Seit dem Jahr 2011 vermietet der Kläger ein Grundstück in D umsatzsteuerfrei und gab im Streitjahr keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2014 errichtete der Kläger auf einem von ihm neu erworbenen Grundstück in M ein Wohn-/und Bürogebäude. Die Büroräume in dem Gebäude mit einer Fläche von ca. 110 m² und einem Anteil der gesamten Gebäudefläche von rund 32% vermietet der Kläger seit Fertigstellung mit Vertrag vom 1. Mai 2016 an die C GmbH, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer er ist. Für den Monat Mai 2016 war keine Miete, ab Juni 2016 eine Miete von 550 € zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Die in den Jahren 2015 und 2016 angefallenen und auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Herstellungskosten beinhalten Vorsteuerbeträge von 63.486,69 €, für die der Kläger mit der am 27. Dezember 2017 abgegebenen Umsatzsteuererklärung für 2016 den Vorsteuerabzug begehrte.

Auf Hinweis des Beklagten, es liege umsatzsteuerlich eine Organschaft vor, reichte der Kläger am 4. Mai 2018 eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 2016 beim Beklagten ein. Das Bestehen einer Organschaft wurde durch eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung mit Bericht vom 7. Mai 2018 bestätigt. Im gegenseitigen Einvernehmen wurde dabei aus Vereinfachungsgründen vereinbart, die Behandlung als Organschaft und die Umbuchung der vorangemeldeten Beträge der GmbH erst ab dem 1. Januar 2018 vorzunehmen. Die Umsatzsteuer-Sonderprüferin war der Auffassung, da die Zuordnung des vermieteten Gebäudeteils zum Unternehmensvermögen erst mit Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2016 am 27. Dezember 2017 dokumentiert worden sei, sei die Frist zur Zuordnung nicht gewahrt und der Vorsteuerabzug zu versagen (Tz. 15 des Berichts vom 7. Mai 2018 über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung, Blatt 9ff der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte).

Der Beklagte folgte der Auffassung der Umsatzsteuer-Sonderprüferin und versagte in dem Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 25. Mai 2018 dem Kläger den begehrten Vorsteuerabzug.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, er habe die Umsatzsteuer-Voranmeldung der GmbH für den Monat März 2016 schon unter der neuen Geschäftsadresse in M am 10. Mai 2016 elektronisch an den Beklagten übermittelt und damit dem Beklagten gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass die GmbH Räumlichkeiten in den betreffenden Gebäuden nutze und dort ihre neue Geschäftsadresse habe. Da die GmbH Organgesellschaft sei, sei gleichzeitig die Zuordnung der Geschäftsräume zum Unternehmensvermögen des Organträgers zwar nicht unmittelbar, aber doch mittelbar dem Beklagten mitgeteilt und damit vor dem 31. Mai 2016 dokumentiert. Zudem sei anhand der Ausführungspläne ersichtlich gewesen, dass bereits in der Bauplanung vorgesehen gewesen sei, die Räumlichkeiten als Büroräume zu nutzen. Durch die damit entstandene Organschaft sei die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorgeprägt gewesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26. November 2018 wies der Beklagte den Einspruch zurück, da der Kläger die Zuordnungsentscheidung verspätet bekannt gemacht habe. Zwar hätte der Gebäudeteil unstreitig unternehmerisch genutzt werden sollen, allein die unternehmerische Nutzung vermöge aber keinen Aufschluss über eine Zuordnungsentscheidung des Unternehmers hinsichtlich des Gebäudes oder eines Gebäudeteils zu dokumentieren.

Der Kläger trägt vor, aus der Nichtgeltendmachung des Vorsteuerabzugs für die Büroflächen dürfe nicht geschlossen werden, dass er diese nicht seinem Unternehmen zugeordnet habe. Zwar sei er aufgrund vorangegangener Vermietung bei der Herstellung des Gebäudes bereits Unternehmer gewesen, da diese vorangegangene Vermietung aber umsatzsteuerfrei erfolgt sei, sei er nicht zur Abgabe von Voranmeldungen verpflichtet gewesen. Hingegen stützten andere Indizien seine Zuordnungsentscheidung. So seien in den Bauzeichnungen die betreffenden Flächen als Büroräume ausgewiesen gewesen und er habe mit dem Mietvertrag vom 1. Mai 2016 die Büroräume seinem Unternehmen zugewiesen. Schon im Mai 2016 habe die GmbH gegenüber dem Finanzamt ihre Umsatzsteuervoranmeldungen unter der neuen Adresse abgegeben. Damit sei auch nach außen klar erkennbar gewesen, dass er diese Büroräume unternehmerisch habe nutzen, d.h. seinem Unternehmen habe zuordnen wollen. Auch wenn eine entsprechende Dokumentation dem Beklagten nicht erkennbar gewesen sein sollte, so könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass eine entsprechende Zuordnungsentscheidung ni...

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