Entscheidungsstichwort (Thema)

Liquidationserlöse aus wahlärztlichen Leistungen keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Klage des Arbeitnehmers gegen die ihn betreffende Lohnsteuer-Anmeldungen seines Arbeitgebers ist zulässig. Soweit für einen abgelaufenen Veranlagungszeitraum ein Einkommensteuerbescheid bereits ergangen ist, ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. An der Feststellung hat der Kläger ein berechtigtes Interesse, da die Entscheidung über die Qualifikation der Einkünfte auch für die Einkommensteuer beachtlich ist.

Ein angestellter Chefarzt, dem das Liquidationsrecht für gesondert berechenbare wahlärztliche Leistungen eingeräumt wurde, erbringt diese nicht innerhalb des Dienstverhältnisses, sondern erzielt mit diesen Einnahmen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit unter folgenden Voraussetzungen:

Der Patient schließt mit dem Krankenhaus einen Vertrag, der die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen beinhaltet und der als Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag ausgestaltet ist.

Der Arzt hat gegenüber dem Patienten einen eigenen Honoraranspruch, dessen Höhe er - gemäß GOÄ - selbst festsetzt. Nicht ausschlaggebend ist, dass der Arzt die Einrichtungen des Krankenhauses mitbenutzt.

Soweit er nach dem Dienstvertrag weisungsgebunden ist, bezieht sich dies nicht auf Diagnostik und Therapie, die er eigenverantwortlich durchführt.

Entscheidend ist, dass das Recht zur Liquidation nicht ausschließlich aus dem Dienstvertrag abgeleitet wird.

 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 1-2, § 100 Abs. 1 S. 4; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Lohnsteueranmeldungen des Beigeladenen für die Monate Oktober 2006 bis Januar 2007, ob dabei von den Chefärzten des Beigeladenen erzielte Liquidationserlöse aus wahlärztlichen Leistungen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu bewerten sind.

Der Kläger ist angestellter Chefarzt für die Abteilung Innere Medizin beim Beigeladenen. Dies ergibt sich aus seinem Dienstvertrag vom 20. Dezember 1995, auf welchen verwiesen wird (Blatt 21 bis 55 der Prozessakten 2 K 1358/07). Unter anderem wird im Vertrag in § 2 geregelt, dass er an die Weisungen des Krankenhausträgers, der Krankenhausleitung und des ärztlichen Direktors des Krankenhauses gebunden ist. Aus § 3 ergibt sich, dass er für die medizinische Versorgung der Kranken in seiner Abteilung verantwortlich ist. Er hat nach Maßgabe der vom Träger bestimmten Aufgabenstellung und Zielsetzungen des Krankenhauses in seiner Abteilung alle ärztlichen Tätigkeiten, soweit sie ihm als Arzt zugemutet werden können, zu besorgen. Ihm obliegt es, die notwendigen Visiten bei allen Kranken seiner Abteilung, soweit erforderlich, persönlich durchzuführen. Dies gilt in gleicher Weise für Regel- und Wahlleistungspatienten. Aus § 6 Absatz 2 ergibt sich, dass er wahlärztliche Leistungen nach Maßgabe der GOÄ zu erbringen hat. Im Verhinderungsfall übernimmt diese Aufgabe sein Stellvertreter. Die mit den Dienstaufgaben zusammenhängenden ärztlichen Leistungen sind soweit möglich ausschließlich im Krankenhaus mit dessen Geräten und Einrichtungen zu bewirken. Nach § 7 Absatz 5 darf er weder vom Krankenhausträger nicht angestellte noch vom Krankenhaus nicht zu beruflichen Bildungsmaßnahmen zugelassene Personen beschäftigen. Nach § 8 Absatz 1 erhält der Kläger gemäß der Vergütungsgruppe I BAT eine Grundvergütung zzgl. Zulagen. Nach Absatz 2 erhält der Kläger das Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen bei denjenigen Kranken, die diese Leistungen gewählt, mit dem Krankenhaus vereinbart und in Anspruch genommen haben. Nach Absatz 3 übernimmt der Krankenhausträger keine Gewähr für den Umfang der Inanspruchnahme gesondert berechenbarer wahlärztlicher Leistungen und für die Höhe und für den Eingang der Einnahmen des Arztes aus der Einräumung des Liquidationsrechtes nach Absatz 2; bei Rückgang entsprechender Liquidationseinkünfte entstehen keine Ausgleichsansprüche. Nach Absatz 6 beginnt das Liquidationsrecht mit der schriftlichen Vereinbarung über die wahlärztlichen Leistungen. Das Liquidationsrecht endet mit Kündigung der Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen oder mit der Einstellung der wahlärztlichen Leistungen durch das Krankenhaus. In § 10 wird geregelt, dass der Arzt ein Nutzungsentgelt für seinen dienstlichen Aufgabenbereich als Kostenerstattung und Vorteilsausgleich zu zahlen hat. Nach § 11 Absatz 1 übernimmt der Arzt die Abrechnung und den Einzug seiner Liquidationen selbst. Er ist zur Rechenschaft verpflichtet.

Mit der Aufnahme eines Patienten in das Krankenhaus wählt dieser, ob er gesondert berechenbare Wahlleistungen des Krankenhauses in Anspruch nehmen möchte. Er schließt hierzu eine so genannte Wahlleistungsvereinbarung gemäß Vordruck 1 (Blatt 119 Vorder- und Rückseite des Ordners Schriftverkehr mit dem Krankenhaus) mit dem Krankenhaus ab. Danach kann der Patient wählen, ob er die ärztlichen Leistungen aller an der Behandlung be...

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