Rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschaffungsnahe Aufwendungen: Einbeziehung von vor Erwerb getätigten Aufwendungen

 

Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen, die vor dem Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums angefallen sind, sind nicht in den Drei-Jahres-Zeitraum für die Ermittlung der anschaffungsnahen Aufwendungen mit einzubeziehen.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1; HGB § 255 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.04.2020; Aktenzeichen IX B 121/19)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Kosten für bauhandwerkliche Maßnahmen als Erhaltungsaufwendungen sofort bzw. über fünf Jahre verteilt oder lediglich im Wege der Absetzungen für Abnutzung (AfA) steuerlich abzugsfähig sind.

Der Kläger, ein selbständiger Diplom-Ingenieur, und die Klägerin, seine mit ihm zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehefrau, erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 9. September 2011 das Mehrfamilienhaus M-Straße Hausnummer in M zu Fremdvermietungszwecken als jeweils hälftige Miteigentümer. Der vereinbarte Kaufpreis von 262.500,-- € sollte spätestens zum 1. Januar 2012 fällig sein. Gemäß Ziffer IV. 1. des Kaufvertrags sollte die Besitzübergabe sofort nach vollständiger Kaufpreiszahlung erfolgen. Die Nutzungen sollten ebenfalls ab vollständiger Kaufpreiszahlung übergehen, die auf dem Vertragsgegenstand ruhenden Steuern und sonstigen wiederkehrenden öffentlichen Lasten und Abgaben, die Versicherungsprämien sowie die Gefahr eines zufälligen Untergangs oder einer zufälligen Verschlechterung des Vertragsgegenstands ab Besitzübergabe (vgl. Ziffer IV. 3. und 4. des Kaufvertrags).

Das Gebäude in M hatte ursprünglich vier Wohnungen enthalten (jeweils eine im Keller-, Erd-, Ober- und Dachgeschoss), die von den Voreigentümern vermietet worden waren. Der vor Erwerb durch die Kläger letzte Mieter der Erdgeschoßwohnung hatte die Decke zum Kellergeschoss durchbrochen, eine Holztreppe eingebaut und über diese Verbindung beide Geschosse bewohnt. Darüber hinaus hatte er die Kellereinteilung verändert. Zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrags stand diese Wohnung leer, während das Ober- und das Dachgeschoß weiterhin (bis zum 31. März bzw. 31. August 2012) vermietet waren.

Da die Kläger aus der Keller-/Erdgeschosswohnung so schnell wie möglich wieder zwei Wohneinheiten herrichten und diese vermieten wollten, hatten sie sich mit den Voreigentümern im Zuge des Abschlusses des notariellen Kaufvertrags dahin verständigt, dass die hierfür erforderlichen Umbau- bzw. Renovierungsmaßnahmen sowie eine Dacherneuerung in Eigenregie der Kläger schon vor Kaufpreiszahlung bereits ab Oktober 2011 in Angriff genommen werden durften. Noch im Jahr 2011 wurden die Verbindung zwischen dem Keller- und dem Erdgeschoss rückgebaut und die Deckenöffnung wieder verschlossen. Auch vom früheren Mieter der Erdgeschosswohnung stammende, den Angaben der Kläger zufolge unsachgemäße Elektroinstallationen wurden entfernt und die Keller neu eingeteilt.

Im Oktober/November 2011 wurde den Klägern bekannt, dass das Dach des Mehrfamilienhauses undicht, Regenwasser in den Dachraum eingedrungen und die Obergeschosswohnung von Schimmel befallen war. Diesbezüglich war es, was den Klägern laut ihren Angaben bis dahin verschwiegen worden war, bereits gegenüber den Voreigentümern zu Mietkürzungen und zur Forderung von Schadensersatz kommen. Die Kläger ließen daraufhin noch im Jahr 2011 eine Komplettsanierung der Dachhaut mit Dämmung, Neueindeckung und Einbau von drei neuen Dachfenstern (davon eines in der Dachgeschosswohnung) vornehmen; auch wurden die Außenverkleidungen von Schornstein und Mansarde erneuert.

Laut einer im November 2011 verfassten privatschriftlichen Ergänzung zum notariellen Kaufvertrag vereinbarten die Kläger und die Voreigentümer, dass die Kläger einen Betrag von 20.000,-- € zur von ihnen durchzuführenden bzw. zu veranlassenden Beseitigung sowohl des Schimmelbefalls als auch deren Ursache zurückbehalten. Ein verbleibender, hierzu nicht benötigter Restbetrag sollte an die Veräußerer ausgezahlt werden; er belief sich schließlich auf 10.800,-- € (vgl. Bl. 37 und 38 Vertragsakten). Im Jahr 2012 wurden nach dem Auszug der Mieter die Ober- und die Dachgeschoßwohnung renoviert. Sämtliche Wohnungen des Gebäudes wurden sodann neu vermietet. Nach den vorliegenden Rechnungen wurden 2011 und 2012 im Wesentlichen folgende Baumaßnahmen durchgeführt:

  • Neueindeckung des Daches mit Isolierung
  • Verkleidung und Isolierung vorhandener Dachgauben
  • Erneuerung bzw. Neueinbau von Dachflächenfenstern
  • Wärmeisolierung und Neuverputz des gesamten Hauses
  • Erneuerung einiger Fenster, Balkon- und Innentüren
  • Erneuerung Fußböden (teilw. Parkett), sanitäre Anlagen, Fliesen, einzelne Heizkörper
  • Elektroarbeiten
  • Verputz- und Malerarbeiten

Der Kaufpreis für das Mehrfamilienhaus wurde im Jahr 2012 überwiesen: 242.500,-- € (= 262.500,-- € abzgl. 20.000,-- € Einbehalt) am 24. Januar 2012 sowie weitere 10.800,-- € (nach Schimmelsanierung) am 11. November 2012. Den Klägern entstanden für die Baumaßnahmen Kosten in Höhe von 67.861...

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