Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezeichnung eines gepfändeten Erstattungsguthabens nachVeranlagungszeitraum. Fortdauer der Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot imLiquidationsstadium

 

Leitsatz (redaktionell)

1.) Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, mit dem ein"Umsatzsteuererstattungsguthaben" ohne Angabe einer zeitlichenBestimmung gepfändet wird, ist nicht schon aufgrund der fehlendenAngabe des Veranlagungs- oder Voranmeldungszeitraums wegeninhaltlicher Unbestimmtheit der gepfändeten Forderung nichtig.

2.) Die Befreiung eines Geschäftsführers einer Einmann-GmbH vomSelbstkontrahierungsverbot vor Liquidation der Gesellschaft gilt auchwährend der Liquidation weiter.

 

Normenkette

AO §§ 46, 309; BGB § 181; GmbHG § 35; AO § 46 Abs. 1, § 309 Abs. 1; ZPO §§ 829, 845, 835 Abs. 1, § 836; GmbHG § 35 Abs. 1, 4, §§ 66, 69-70

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.07.2001; Aktenzeichen VII R 20/00)

BFH (Urteil vom 12.07.2001; Aktenzeichen VII R 19/00)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um das rechtliche Schicksal einesUmsatzsteuererstattungsguthabens, das der ... (im folgenden: P GmbH)zustand. Während der Kläger die Auffassung vertritt, aufgrundmehrerer Pfändungs- und ÜberweisungsbeschlüsseForderungsberechtigter hinsichtlich des Guthabens geworden zu sein,ist der Beklagte der Meinung, das Guthaben sei infolge einervorrangigen rechtswirksamen Abtretung an den früherenGeschäftsführer der Gesellschaft, die dieser auch vollzogen habe,und einer anschließenden Aufrechnung mit Steuerschulden diesesGeschäftsführers erloschen.

I.

Der Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 13. März 1997 beimLandgericht ... Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klagewegen Duldung der Zwangsvollstreckung aufgrund eines der bereitsgenannten mehreren Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse. DasLandgericht wies den Antrag durch Beschluss vom 12. Juni 1997zurück, da der Zivilrechtsweg nicht gegeben sei, und verwies mitweiterem Beschluss vom 25. Juni 1997 das Verfahren an dasFinanzgericht Rheinland-Pfalz. Mit seiner Klageschrift vom 25.November 1997 zum Finanzgericht beantragte der Kläger, das Finanzamtzur Zahlung von 104.150,85 DM nebst näher bezifferter Zinsen zuverurteilen.

II. 1

Dem Begehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger stand in Geschäftsbeziehungen zur P GmbH. DieseGesellschaft ist mit Gesellschaftsvertrag vom 31. Oktober 1983 durchdie Herren ... (im folgenden: St), ... (im folgenden: S) und ... (imfolgenden: O) gegründet und am 9. Dezember 1983 in dasHandelsregister eingetragen worden. Zum alleinvertretungsberechtigtenGeschäftsführer wurde St unter Befreiung von den Beschränkungendes § 181 BGB bestellt (vgl. III des Gesellschaftsvertrages, sowie §10 Nr. 3 c der Satzung der P GmbH. Mit notariellen Urkunden vom 3.Januar 1989 traten St und O ihre Geschäftsanteile an S ab, der alleAnteile in seiner Person vereinigte. St wurde als Geschäftsführerabberufen. Zum neuen alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerwurde S bestellt und von den einschränkenden Bestimmungen des § 181BGB befreit (Ziffer 3 der Urkunde vom 3. Januar 1989). DieseRechtsänderungen sind am 11. April 1989 in das Handelsregistereingetragen worden.

Am 9. Dezember 1993 stellte S den Antrag auf Eröffnung desKonkursverfahrens über das Vermögen der P GmbH. Das AmtsgerichtLudwigshafen ordnete mit Beschluss vom 13. Dezember 1993 dieSequestration an. Am 8. April 1994 lehnte es die Eröffnung desKonkursverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckendenMasse ab und hob die Anordnung der Sequestration auf. Die Eintragungder Auflösung der GmbH in das Handelsregister erfolgte am 14.Dezember 1994, die Löschung der Gesellschaft am 8. Februar 1995.

II. 2

In den Jahren 1993 bis 1997 erstritt der Kläger gegen die P GmbHmehrere obsiegende Urteile und Kostenfestsetzungsbeschlüsse. DieUrteile sind rechtskräftig; die Kostenfestsetzungsbeschlüsse sindunanfechtbar. Im einzelnen handelt es sich um folgendeEntscheidungen:

Versäumnisurteil des Landgerichts ... vom 20. Dezember 1993 (6 O1493/93 über 55.937,99 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. November1993,

Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts ... vom 12. April 1994über 5.303,52 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 3. Februar 1994,

zweites und erstes Versäumnisurteil des Landgerichts ... vom 11.Oktober 1996 über 20.400,-- DM nebst 4 % Zinsen aus 19.200,-- DMseit dem 7. Februar 1996,

Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts ... vom 3. März 1997über 3.113,62 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25. Oktober 1996 und

Versäumnisurteil des Landgerichts ... vom 12. Juni 1997 über10.021,93 DM.

Am 9. September 1994 erließ das Amtsgericht ... aufgrund desVersäumnisurteils vom 20. Dezember 1993 einen Pfändungs- undÜberweisungsbeschluss, der dem Beklagten am 16. September 1994zugestellt wurde ..., im folgenden: AP-Akte). Die Pfändung erfolgtein Umsatzsteuer- und Einkommensteuer- Rückerstattungsansprüche. DasFinanzamt versagte der Pfändung in der Drittschuldnererklärung vom20. September 1994 wegen nicht eindeutiger Bezeichnung desErstattungsanspruches die Anerkennung (... ...

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