Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsverfolgungskosten im Zusammenhang mit Mängeln bei der Errichtung eines Wohnhauses keine außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (amtlich)

Rechtsanwalts- und Gerichtskosten wegen eines Zivilprozesses, in dem der Steuerpflichtige Schadensersatzansprüche gegen das mit der Errichtung eines Wohnhauses beauftragte Bauunternehmen und die Löschung einer zu dessen Gunsten eingetragenen Sicherungshypothek geltend macht, sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2 S. 4

 

Tatbestand

Die Kläger, im Streitjahr (2017) zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten, begehren den Ansatz von Kosten, die durch im Zusammenhang mit der Errichtung eines Wohnhauses geführte Rechtstreitigkeiten entstanden sind, als außergewöhnliche Belastungen.

Mit Vertrag vom 9. Oktober 2015 beauftragten die Kläger die L UG (UG) mit der Errichtung eines Zweifamilienhauses mit Unterkellerung auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück S-Straße Hausnummer in B. Für mehrere gegen die UG geführte gerichtliche Verfahren wendeten die Kläger im Streitjahr Gerichtskosten und Rechtsanwaltsgebühren von insgesamt 13.695,94 € auf. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die "Anlage Prozesskosten 2016 und 2017" (Blatt 129 der Einkommensteuerakte). Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 22. Mai 2018 (Blatt 46 ff. der Einkommensteuerakte) wurde über das Vermögen der UG das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr führten die Kläger aus, bei der Geltendmachung der außergewöhnlichen Belastungen gehe es um Forderungen und Schadensersatzansprüche im Rahmen ihres Bauvorhabens in B. Dieses Bauvorhaben sei Ende Februar 2016 begonnen worden, habe aber Ende März 2016 bereits eingestellt werden müssen, da schwerwiegende Planungs- und Ausführungsfehler festgestellt worden seien. Da die ausführende Bauunternehmung uneinsichtig gewesen sei, hätten sie, die Kläger, den Klageweg unter Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens beschreiten müssen. Es würden folgende außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht:

Kosten und Gebühren für Beweissicherungsverfahren (Gutachten)

3.000,00 €

Kosten und Gebühren für Eintragung einer vorläufigen Sicherungshypothek

3.488,23 €

weitere Kosten und Gebühren für die Gerichtsverfahren

- Honorarrechnungen der Rechtsanwälte B

6.025,21 €

- Kostenfestsetzung des Landgerichts

2.358,00 €

Kosten für Hinzuziehung eines Bausachverständigen

350,00 €

Überschreitung der Bauzeit

- längere Mietzahlungen

14.235,00 €

- Preissteigerungen für Baukosten für Wohngebäude

15.400,00 €

- Kosten für Fortsetzung des Bauvorhabens mit einer neuen Bauunternehmung

23.604,00 €

- Bereitstellungszinsen für Darlehen

2.961,41 €

Abriss alte Bodenplatte und Erstellung neue Bodenplatte

18.932,00 €

neuer Baustromanschluss

532,82 €

Neueinmessung

1.145,97 €

Die Summe der außergewöhnlichen Belastungen habe für sie, die Kläger, zu einer finanziell extrem angespannten Situation geführt. Die Fortsetzung des Bauvorhabens sei derzeit stark gefährdet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Schreiben der Kläger vom 2. Oktober 2018 (Blatt 16 ff. der Einkommensteuerakte) sowie die "Auflistung außergewöhnliche Belastungen für 2017 und 2017" (Blatt 2 der Einkommensteuerakte).

Mit Bescheid vom 28. Januar 2019 setze der Beklagte die Einkommensteuer für das Streitjahr fest, wobei er keine außergewöhnlichen Belastungen in Ansatz brachte.

Mit ihrem Einspruch machten die Kläger geltend, die Entscheidung wirke sich auf wichtige Bereiche ihres Lebens existenziell aus und verstoße zudem gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Entscheidung, ein Einfamilienhaus zu bauen, sei wesentlicher Bestandteil der Planung ihrer Altersversorgung gewesen und habe zu ihrer wirtschaftlichen Absicherung gedient. Durch einen möglichen Verkaufserlös, den sie, die Kläger, durch niedrige Zinsen und die dadurch mögliche höhere Tilgung i.R. der Finanzierung erzielen würden, könnten sie ihre Altersversorgung sicherstellen und sich existenziell absichern. Das Bauvorhaben sei mit Einliegerwohnung konzipiert worden, um bei einem eventuellen Pflegefall eine häusliche Pflege zu ermöglichen. Die Belastung mit einer Sicherungshypothek stelle ein absolutes Veräußerungshindernis dar. Insoweit hätten sie, die Kläger, keine Möglichkeit der Realisierung ihrer Mittel für die Altersversorgung gehabt, sofern sie zu dem Schluss gelangt wären, dass eine Veräußerung der Immobilie wirtschaftlich geboten wäre. Auch eine (weitergehende) Belastung des Grundbesitzes mit Grundpfandrechten im Nachrang wäre seitens der finanzierenden Bank nicht möglich gewesen. Das bisher angesparte Eigenkapital sei durch die Kosten für die Klageverfahren und die höheren Folgekosten bereits aufgezehrt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Kläger im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren wird Bezug genommen auf das Schreiben vom 9. Mai 2019 (Blatt 98 ff. der Einkommensteuerakte).

Mit Einspruchsentscheidung ...

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