Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Kindergeld wegen Überschreitung des Grenzbetrages

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Verpflichtung der Familienkasse, unverzüglich über die Überschreitung des Grenzbetrages zu informieren, besteht nicht. § 68 EStG erlegt dem Kindergeldberechtigten eine besondere Mitwirkungspflicht bezüglich der Mitteilung der relevanten Umstände auf. Es ist dabei Sache des Kindergeldberechtigten, sich über das Vorliegen der Voraussetzungen des Kindergeldbezuges zu informieren. Vertrauensschutzaspekte stehen der Aufhebung und Rückforderung des Kindergeldes daher nicht entgegen.

 

Normenkette

EStG §§ 68, 32 Abs. 4 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.02.2010; Aktenzeichen III B 112/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei der Ermittlung der Einkünfte der Tochter der Klägerin A die Fahrtkosten auf Grundlage der tatsächlich gefahrenen Kilometer oder nach Entfernungskilometern anzusetzen sind.

Die Klägerin bezog Kindergeld für ihre Tochter A, geb. 13.10.1986. A wurde am Klinikum 1 zur Gesundheits- und Krankenpflegerin ausgebildet.

Bei einer auf Grundlage der Ausbildungsvergütung für 2005 am 22.2.2006 von der Familienkasse erstellten Prognose für 2007 war der Grenzbetrag der Einkünfte nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG unterschritten.

A bezog im Jahr 2007 eine Ausbildungsvergütung von 11.080,21 € abzüglich eines Sozialversicherungsanteils von 2.356,70 €. Eine entsprechende Bescheinigung legte die Klägerin zusammen mit der von ihr und A unterschriebenen Erklärung über die Einkünfte und Bezüge As der Familienkasse am 18.1.2008 vor. Die Familienkasse zog von den Nettoeinkünften von 8.723,51 € den Werbungskostenpauschbetrag von 920 € ab und kam so zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte i. H. v. 7.803,51 €, so dass aus ihrer Sicht die kindergeldrechtliche Einkommensgrenze von 7.680 € überschritten war. Mit Schreiben vom 13.6.2008 hörte die Familienkasse die Klägerin an, die nach Übermittlung der Probeberechnungen lediglich darauf hinwies, dass As Einkommen vom Klinikum der Familienkasse mitgeteilt worden sei und ihr daher unverständlich sei, weshalb das Kindergeld ohne Einschränkung ausgezahlt worden sei.

Die Familienkasse hob mit Bescheid vom 6.10.2008 die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2007 auf und forderte das für Januar bis Dezember 2007 gezahlte Kindergeld i. H. v. 1.848 € zurück.

Hiergegen legte die Klägerin am 6.11.2008 Einspruch ein. Die Familienkasse wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 1.12.2008 als unbegründet zurück, da die Einkunftsgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten sei.

Mit ihrer Klage vom 23.12.2008 begehrt die Klägerin weiterhin Kindergeld für A für das Jahr 2007. Sie trägt vor, dass die Fahrtstrecke von der Wohnung zum Klinikum hin und zurück 30 km betrage. Die Einkommensmitteilungen des Klinikums an die Familienkasse habe sie nie gesehen. Sie ist der Ansicht, es seien für 220 Arbeitstage die jeweils hin und zurück gefahrenen Kilometer mit jeweils 0,30 € als berufsbedingte Aufwendungen i. H. v. somit 1.980 € zu berücksichtigen, da A vom Arbeitsplatz auch wieder nach Hause kommen müsse. Entsprechend werde auch im Familienrecht nach der Düsseldorfer Tabelle verfahren.

Die Klägerin beantragt , den Bescheid vom 6.10.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1.12.2008 aufzuheben.

Die Familienkasse beantragt , die Klage abzuweisen.

Nach Ansicht der Familienkasse sind für die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 15 Kilometern lediglich Aufwendungen von 0,30 € pro Entfernungskilometer anzusetzen, also bei 220 Arbeitstagen 990 €. Der Grenzbetrag sei dann bei Einkünften von 7.733,51 € immer noch überschritten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter gem. § 79a Abs. 3 und 4 FGO sowie ohne mündliche Verhandlung gem. § 90 Abs. 2 FGO einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I. Die Klägerin hat für das Jahr 2007 keinen Anspruch auf Kindergeld für A.

Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG wird ein Kind für Kindergeldzwecke nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 € im Kalenderjahr hat. Der Begriff der Einkünfte in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist im einkommensteuerrechtlichen Sinn gem. § 2 EStG, also bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 2 Satz 1 Nr. 2 EStG, als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen (Urteil des FG Köln vom 16.11.1999 2 K 7567/98, EFG 2000, 180, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 25.7.2001 VI R 9/00; Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, A I § 32 Rn. 92). Die zivilrechtliche Behandlung berufsbedingter Aufwendungen spielt dabei keine Rolle.

Werbungskosten sind gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Ob die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in erster Linie beruflich oder sowohl beruflich als auch privat veranlasst sind und ihr Abzug entgegen dem Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwen...

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