Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH II B 55/18)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen grunderwerbsteuerlichen Beurteilung des Erwerbs eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück und des Erwerbs eines Gesellschaftsanteils

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück und der Erwerb eines Gesellschaftsanteils einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft unterscheiden sich sowohl in rechtlicher als auch wirtschaftlicher Weise, weshalb die Grunderwerbsteuerpflicht des Erwerbs eines Miteigentumsanteils und die Grunderwerbsteuerfreiheit des Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft bis zur Grenze von weniger als 95% der Anteile keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darstellt.

 

Normenkette

GrEStG § 2 Abs. 1 S. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 3 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.05.2019; Aktenzeichen II B 55/18)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Erwerb eines Miteigentumsanteils in Höhe von 3/14 an einem Grundstück mit dem Erwerb eines Gesellschaftsanteils im selben Umfang vergleichbar ist und die unterschiedliche grunderwerbsteuerliche Beurteilung zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung führt.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 19.09.2016 (URNr. B des Notars Dr. B, 1) erwarb der Kläger von F zum Miteigentum von 3/14 das im Grundbuch des Amtsgerichts 2 von 3 auf Blatt xxx eingetragene Grundstück FlNr. xxxx (Str. 3 - Wohnhaus, Nebengebäude, Hofraum und Garten zu 490 qm). Weitere Erwerber waren C zum Miteigentum von 1/7, D zum Miteigentum von 3/7 und E zum Miteigentum von 3/14. Der vereinbarte Kaufpreis für das gesamte Grundstück betrug 290.000 €.

Mit Bescheid vom 27.10.2016 setzte das Finanzamt gegenüber dem Kläger aus einer Bemessungsgrundlage von 62.142 € Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.174 € fest. Dabei ging es vom vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 290.000 € aus und errechnete für den Kläger einen steuerpflichtigen Anteil von 62.142 € (290.000 € x 3/14).

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 08.11.2016 Einspruch ein und trug zur Begründung vor, dass sein Anteil am Grundstück weniger als 95% betrage. Den Umstand, bei einem sog. asset-deal Grunderwerbsteuer zahlen zu müssen, während der sog. share-deal verschont bleibe, sehe er als verfassungswidrige Ungleichbehandlung an.

Mit Änderungsbescheid vom 30.03.2017 reduzierte das Finanzamt den steuerpflichtigen Teil der Gegenleistung um 2.550 € und trug damit dem Einwand des Klägers Rechnung, dass eine Restmenge an Heizöl miterworben worden sei, die bei der Grunderwerbsteuer nicht in Ansatz gebracht werden dürfe.

Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos; mit Einspruchsentscheidung vom 12.07.2017 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzamt führte zur Begründung aus, der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück stehe nach § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) dem Erwerb eines Grundstücks gleich und sei daher grunderwerbsteuerpflichtig. Das bestreite der Kläger auch nicht. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zum Erwerb eines Gesellschaftsanteils sei hierin nicht zu sehen. Die Steuertatbestände des § 1 GrEStG setzten einen Rechtsträgerwechsel voraus. Neben natürlichen Personen könnten auch juristische Personen Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts sein. Folglich unterliege auch der Grundstückserwerb durch eine juristische Person sowie durch eine Gesamthand der Grunderwerbsteuer nach den Vorschriften des § 1 GrEStG. Hätten der Kläger und die weiteren Erwerber z.B. eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gegründet und als solche den Vertragsgegenstand erworben, unterläge dieser Erwerb ebenfalls der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sei ein eigenständiges Rechtssubjekt, die Grunderwerbsteuer wäre gegen diese festzusetzen. Wenn der Kläger in dem Umstand, dass der Anteilserwerb bis weniger als 95% an einer Gesellschaft im Gegensatz zum Bruchteilserwerb an einem Grundstück steuerfrei bleibe, eine Ungleichbehandlung sehe, verkenne er die Tatsache, dass dem in der Regel ein Erwerb des Grundstücks durch die Gesellschaft selbst vorausgegangen sei, der der Grunderwerbsteuer nach § 1 GrEStG unterliege. Der Gesetzgeber habe mit den Vorschriften des § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG verschiedene Fiktionen in das Grunderwerbsteuergesetz eingefügt, um einen Missbrauch bzgl. der Veräußerung und des Erwerbs von Gesellschaftsanteilen zu verhindern. Bei dem Erwerb eines Grundstücks zu Bruchteilen und dem Erwerb von Gesellschaftsanteilen (einer juristischen Person oder auch einer Gesamthandsgemeinschaft) handele es sich eben nicht um vergleichbare Erwerbsvorgänge. Mit dem Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück werde der Erwerber Volleigentümer dieses Miteigentumsanteils. Aus der Bezugnahme auf das bürgerliche Recht ergebe sich, dass auch der Miteigentumsanteil als ein Grundstück im Sinn des Grunderwerbsteuerrechts zähle. ...

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