Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte aus Vollzeiterwerbstätigkeit des Kindes zwischen zwei Ausbildungsabschnitten nicht in die Einkünfteermittlung einzubeziehen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einkünfte des Kindes aus einer Vollzeiterwerbstätigkeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten sind für die Berechnung der Einkünftegrenze beim Kindergeld nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 2a, 2b, 2c, § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 Sätze 7-8

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Zeiten einer Vollerwerbstätigkeit des Kindes zwischen zwei Ausbildungsabschnitten als Kürzungsmonate gelten.

Der am xxx.1981 geborene Sohn S der Klägerin schloss die Gymnasialausbildung im Juni 2002 mit dem Abitur ab. Im Oktober 2002 nahm er das Studium der Rechtswissenschaften in V auf.

Die Beklagte hatte zunächst ab Januar 2002 Kindergeld bewilligt.

In der Zeit bis zur Aufnahme des Studiums, d.h. vom 01.07.2002 bis 30.09.2002 erzielte S im Rahmen einer Vollerwerbstätigkeit bei einer Software-Entwicklungsfirma Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. insg. 11.217 €. Zuvor hatte er schon in der Schulzeit (in der Zeit zwischen 01.01.2002 bis 31.03.2002) bei dieser Firma nebenberuflich für Softwarearbeiten einen Lohn i.H.v. 1.560 € erzielt.

Mit Verwaltungsakt vom 26.05.2003 hob die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für S gem. § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz auf und forderte das für die Zeit von Januar 2002 bis Oktober 2002 i.H.v. insg. 1.540 € ausbezahlte Kindergeld gem. § 37 Abs. 2 AO zurück. Zudem wurden in dem Bescheid noch Regelungen über Festsetzung von Kindergeld ab Januar 2003 getroffen. Die Beklagte begründete die Aufhebung der Festsetzung und die Rückforderung dahin, das die Einkünfte von S im Berücksichtigungszeitraum (das gesamte Kalenderjahr 2002 betreffend) die Einkünftegrenze deutlich überschritten hätten.

Den hiergegen eingelegten Einspruch, in dem ausgeführt worden war, dass die Zeit der Vollerwerbstätigkeit und die in dieser Zeit erzielten Einkünfte in die Einkünfteermittlung nicht mit einbezogen werden dürften, wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 15.07.2003 zurück. Die Einkünfte des Sohnes der Klägerin im gesamten Kalenderjahr 2002 i.H.v. 11.733 € (Vergütung 01.01. bis 31.03.2002: 1.560 €; Vergütung 01.07. bis 30.09.2002: 11.217 € abzüglich Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.044 €) hätten die Einkünftegrenze i.H.v. 7.188 € überstiegen. Kürzungsmonate lägen im Streitfall nicht vor.

Der Bundesfinanzhof habe zwar mit Urteil vom 19. Oktober 2001 (BStBl. II 2002, 481) entschieden, dass ein Kind, das nach Abschluss einer Ausbildung einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehe, sich während der Monate der Vollzeiterwerbstätigkeit nicht in einer Übergangszeit befinde, wenn es nachfolgend eine weitere Ausbildung beginne. Die vom BFH aufgestellten Grundsätze seien jedoch nach Weisung des Bundesamtes für Finanzen nur auf solche Kinder anzuwenden, die nach einer "berufsqualifizierenden" Ausbildung mit oder ohne Abschluss (z.B. nach Abbruch) eine Vollzeiterwerbstätigkeit gleich welcher Art aufnähmen. Unerheblich sei, ob sich die Vollzeiterwerbstätigkeit unmittelbar an die Ausbildung anschließe oder nicht. Eine Ausbildung sei dann als berufsqualifizierend anzusehen, wenn nach ihrem Abschluss ein Beruf ausgeübt werden könne.

Im Streitfall habe S die Vollzeiterwerbstätigkeit nicht nach einer berufsqualifizierenden Ausbildung, sondern nach dem Besuch eines allgemeinbildenden Gymnasiums ausgeübt. Daraus folge, dass die erzielten Einkünfte des Kindes - auch diejenigen während der Vollzeiterwerbstätigkeit - zu berücksichtigen seien (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). In der Zeit vom Januar bis Juni und von Oktober bis Dezember hätten unstreitig aufgrund einer Ausbildung die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a vorgelegen. Für den Zeitraum von Juli bis September liege der Berücksichtigungstatbestand nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG vor, und zwar die Berücksichtigung eines Kindes zwischen der Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. Das Kind habe bis Juni das Gymnasium besucht und stehe ab Oktober im Studium. Die vom BFH aufgestellten Grundsätze, wonach bei einer Vollzeiterwerbstätigkeit keine Ausbildung vorliege, gälten nur für Kinder, die nach einer berufsqualifizierenden Ausbildung eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnehmen. Dies sei im Streitfall nicht gegeben, weil das Kind bis Juni das Gymnasium besucht habe. Wegen des ganzjährigen Berücksichtigungszeitraums sei im Hinblick auf die im Kalenderjahr 2002 insgesamt erzielten Einkünfte des Kindes die Einkünftegrenze deutlich überschritten.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Beklagte berücksichtige zu Unrecht die während der Vollzeiterwerbstätigkeit im Zeitraum 01.07. bis 30.09.2002 bezogenen Einkünfte. Dieser Zeitraum stelle entgegen der Auffassung der Beklagten keine Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten dar. Insoweit werde auf das BFH-Urteil vom 19.10.2002 verwiesen. Bei Aufnahme...

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