Entscheidungsstichwort (Thema)

Auftreten eines Grundstückserwerbers als Zwischenhändler bei sogenannten "Oder-Angeboten"

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Voraussetzung für das Vorliegen eines der in § 1 Abs. 1 Nrn. 5 - 7 GrEStG normierten Erwerbstatbestände ist, dass der Berechtigte das Kaufangebot zum Nutzen eigener wirtschaftlicher Interessen oder wirtschaftlicher Interessen Dritter verwertet, denen gegenüber er im Hinblick auf die Ausübung des Benennungsrechts vertraglich gebunden ist.

2) Von der - die Verfolgung eigener wirtschaftlicher Interessen indizierenden - uneingeschränkten Möglichkeit des Benennungsberechtigten, das Grundstück zu seinem Vorteil zu verwerten, ist auszugehen, wenn er durch das ihm eingeräumte Benennungsrecht in die Lage versetzt wird, ohne weitere Einflussnahme des Grundstückseigentümers die Verkäufe, insbesondere den Marktpreis für die Wohnungen auszuhandeln, und dadurch das Risiko eines (teilweisen) Kreditausfalls zu verringern.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nrn. 6-7, § 8 Abs. 2, 2 Nr. 1; BewG § 138 Abs. 2-3; AO § 182; GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 5

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob die Klägerin (Klin.) im Rahmen einer Grundstücksveräußerung grunderwerbsteuerlich als Zwischenhändlerin aufgetreten ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 5-7 GrunderwerbsteuergesetzGrEStG).

Der Kaufmann W. war bzw. ist Eigentümer mehrerer im Wohnungsgrundbuch von R. eingetragener Wohnungseigentumsrechte. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 06. März 1998 (Urkundenrolle Nr. Notar) unterbreitete Herr W. der Klin. den Abschluß eines Kaufvertrages hinsichtlich dieses Grundbesitzes. Das Angebot kann von der Klin. selbst oder von einer von ihr zu benennenden dritten Person angenommen werden und zwar auch teilweise, hinsichtlich eines einzelnen Wohnungseigentums. Es ist unwiderruflich unterbreitet und zunächst bis zum 31.12.2002 befristet. Zum Zeitpunkt der Unterbreitung dieses Angebotes befanden sich die Wohnungen noch im Zustand der Bebauung. Zu dem Grundbesitz gehört u.a. das im Wohnungsgrundbuch von R. Blatt verzeichnete Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Dachgeschoß rechts im Hause Lstr. gelegenen Wohnung (82,74 qm) nebst Keller und dem Sondernutzungsrecht an Kraftfahrzeugstellplätzen.

Mit notarieller Urkunde vom 28.07.1998 (Urkundenrolle Nr., Notar) unterbreiteten die Eheleute B. dem Kaufmann W. unter Bezugnahme auf dessen Angebot an die Klin. den Abschluß eines Kaufvertrages für die oben bezeichnete Eigentumswohnung im Dachgeschoß rechts im Hause Lstr.. In derselben Urkunde erklärten die Vertragsbeteiligten, zu denen neben den Eheleuten B. ein Bevollmächtigter der Klin. und ein aufgrund des notariellen Angebotes vom 06.03.1998 bevollmächtigter Rechtsanwalt gehört, die Auflassung hinsichtlich des oben genannten Wohnungseigentumes. Ferner trat die Klin. ihre Rechte aus einer Auflassungsvormerkung ab. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die notariellen Urkunden vom 06.03. und 28.07. 1998 verwiesen. Nach Genehmigung der Übertragung durch den Wohnungsverwalter kam der Kauf zustande.

Nachdem der Beklagte (Bekl.) mit Bescheid vom 28.04.1999 den Grundstückswert des Kaufobjektes mit 128.000 DM gesondert festgestellt hatte (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz GrEStG i.V.m. § 138 Abs. 2 u. 3 Bewertungsgesetz und § 182 AO), setzte er mit weiterem Bescheid vom 04.05.1999, ausgehend von dem festgestellten Grundstückswert, gegen die Klin. Grunderwerbsteuer in Höhe von 4.480 DM fest. Der Bekl. sah den Grunderwerbsteuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG als erfüllt an. Gegen beide Bescheide legte die Klin. Einsprüche ein. Während über den Einspruch gegen die Feststellung des Grundstückswertes noch nicht entschieden ist, wurde der Einspruch gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung (Bescheid vom 04.05.1999) mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 27.08.1999 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der daraufhin erhobenen Klage begehrt die Klin. die Aufhebung dieses Bescheides. Sie meint, nicht wie ein Zwischenhändler tätig geworden zu sein. Zwar könne ein sogenanntes „oder-Angebot” zu einer Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 u. 6 GrEStG führen. Das gelte jedoch nicht, wenn bei der Entgegennahme dieses Angebotes stellvertretendes Handeln gewollt sei. So liege es auch im Streitfall. Die Klin. habe das Angebot des Herrn W. nicht für sich selbst, sondern nur für einen Dritten annehmen wollen. Kaufpreisansprüche für die Wohnungen seien ihr bereits abgetreten gewesen. Auch sei eine einmalige Verlängerung des Angebotes des Herrn W. bis zum 31.12.2007 möglich. Das sei nicht nötig, wenn das Angebot von ihr, der Klin. selbst angenommen werden sollte. Es diene daher lediglich dazu, Käufer für die Wohnungen zu finden. Dafür spreche auch, daß das Angebot auch zu einem höheren Quadratmeterpreis angenommen werden könne, als dort genannt. Letztlich sei es den Vertragsparteien, also Herrn W. und der Klin., lediglich um eine Sicherung und Tilgung eines Kreditgeschäftes gegangen. Sie, die Klin., erstrebe durch das Benennungsrecht...

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