Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Erfassung von Wertzuwächsen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Abgrenzung zur Schenkung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem freiberuflich Tätigen aufgrund seiner Leistungen zufließen. Vorteile werden für eine Tätigkeit gewährt, wenn sie durch das individuelle Tätigkeitsverhältnis veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist auch zu bejahen, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf die Tätigkeit eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Tätigwerden erweist. Die betriebliche Veranlassung der Zuwendung einer Mandantin an ihren Rechtsanwalt ist anzunehmen, wenn diese ihren Eigentumsanteil an einer Eigentumswohnung zum Zwecke der Honorierung des Testamentsvollstreckeramts bereits zu Lebzeiten an den Anwalt überträgt.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.11.2016; Aktenzeichen VIII R 41/14)

BFH (Urteil vom 30.11.2016; Aktenzeichen VIII R 41/14)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten noch, ob, wie und in welchem Umfang Vermögensmehrungen eines Rechtsanwalts als Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung einer Partnergesellschaft bzw. als steuerpflichtige Umsätze der Partnergesellschaft zu erfassen sind.

Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten und Notaren, bei der im Partnerschaftsvertrag vereinbart ist, dass sämtliche Einnahmen aus der gemeinschaftlichen Berufstätigkeit der Partnerschaft zufließen. Der seit dem Kalenderjahr 2000 an der Gesellschaft beteiligte Rechtsanwalt W. S. war im Rahmen der Partnerschaft seit 2005 für die am xx.xx.2007 verstorbene K. M., die über erhebliches Vermögen verfügte, in verschiedenen Beratungsbereichen tätig. Er begleitete sie u.a. in den Kalenderjahren 2006 und 2007 im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften auf mehreren Reisen nach Spanien. Mit Vertrag vom 05.03.2007 erwarb er zusammen mit der Verstorbenen eine Eigentumswohnung in Q-Stadt, Mallorca. Der Kaufpreis einschließlich der Erwerbsnebenkosten wurde von einem Konto bei der E-Bank in Q-Stadt entrichtet, welches die Verstorbene und Rechtsanwalt S. je zur Hälfte inne hatten. Die auf diesem Bankkonto erfolgten Einzahlungen wurden ausschließlich von der Verstorbenen geleistet. Das Konto wies am 3. Juli 2007 noch ein Guthaben in Höhe von 21.384,73 EUR aus, wovon sich Rechtsanwalt S. – entsprechend seiner hälftigen Mitberechtigung – einen Betrag in Höhe von 10.674,37 EUR auszahlen ließ.

Zusätzlich zu dem Kaufpreis entrichtete die Verstorbene an die Verkäufer der Eigentumswohnung einen Betrag in Höhe von 52.000 EUR, der nach einer späteren von den Verkäufern angeforderten Bescheinigung auf in der Eigentumswohnung verbliebene Einrichtungsgegenstände und Terrassenmöbel entfallen sollte. Dabei sollte der entsprechende Kaufpreis mündlich vereinbart worden sein.

Nach dem Tod von Frau M. wurde Rechtsanwalt S. als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Frau M. hatte zuvor handschriftlich am 20.12.2006 festgelegt, dass der Sohn ihres langjährigen Steuerberaters, der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer S. T., nach ihrem Ableben die Vermögensangelegenheiten betreuen und dass ihm Rechtsanwalt S. als Testamentsvollstrecker an die Seite gestellt werden sollte. In ihrem notariellen Testament vom 14.12.2006 hatte sie ihren Sohn zum alleinigen (Vor-)Erben und ihren Neffen als Nacherben eingesetzt. Dabei sollte ihr Sohn aus den anteiligen jährlichen Reinerträgnissen des Nachlasses nach billigem Ermessen und Ertragslage eine Zahlung in Höhe von monatlich 7.000 EUR erhalten. Zudem wurden die Erben mit Vermächtnissen zugunsten einer Nichte und eines Neffen beschwert.

Nach dem Tod von Frau M. kam es zu erheblichen Streitigkeiten zwischen dem Rechtsanwalt S., den Erben und den übrigen beteiligten Personen. So wurde Rechtsanwalt S. u.a. vorgeworfen, den Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung in Q-Stadt durch Täuschung der Erblasserin erworben zu haben. Im November 2007 wurde Rechtsanwalt A. zum Nachlasspfleger bestellt.

Rechtsanwalt S. wurde mit Beschluss des Amtsgerichts M-Stadt vom 30.12.2008 aus dem Amt des Testamentsvollstreckers entlassen. Gegen diesen Beschluss legte er Beschwerde beim Landgericht Q-Stadt ein.

Zu dem Erwerb der Eigentumswohnung gab Rechtsanwalt S. gegenüber dem Amtsgericht M-Stadt in einem Schreiben vom 9.10.2007 noch folgende Erläuterung ab:

„Es war die erklärte Absicht der Erblasserin, dem Unterzeichner für seine besondere Vertrauensstellung und dem bereitwillig übernommenen Amt der Testamentsvollstreckung ihren ½ Miteigentumsanteil zum Zwecke der Honorierung des Testamentsvollstreckeramtes zu Lebzeiten zu übertragen bzw. hier eine entsprechende notarielle Verfügung zu erlassen. Durch das plötzliche Ableben der Erblasserin kam es bekanntermaßen hierzu nicht mehr.”

Nach Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch das Finanz...

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