Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von Sanierungsvereinbarungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Zu der Frage, ob im konkreten Fall im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Forderungserlass anzunehmen ist.

 

Normenkette

BGB § 397 Abs. 1; AO § 227

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.08.2017; Aktenzeichen I R 52/14)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im zweiten Rechtszug, ob die Beträge von 235.000 € und 20.000 €, zu denen ausdrücklich ausgesprochene Erlasse vom 15.04.2005 und 24.06.2005 vorliegen, bereits mit der Vereinbarung vom 14.12.2004 erlassen wurden und die Körperschaftsteuer 2004 auch insoweit wegen eines Sanierungsgewinns zu erlassen ist.

Die Klägerin erbringt technische Dienstleistungen und Beratungen. Sie wurde im Jahr 1985 mit dem Namen A B GmbH gegründet. Das Stammkapital betrug 100.000 DM. Gesellschafterin mit einem Anteil am Stammkapital in Höhe von 99.000 DM war die A C S.A.. Das restliche Stammkapital wurde von zwei Personen mit je 500 DM gehalten. Mit Beschluss vom 10.1.2005 wurde die Klägerin auf ihren jetzigen Namen umbenannt.

Mit Vertrag vom 21.10.2003 veräußerte die A C S.A. ihren Gesellschaftsanteil an die A D S.A., ihre Muttergesellschaft, zum Kaufpreis von 1 €.

Die Klägerin hatte in den Jahren bis 2004 erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber der A C S.A. und der A D S.A.. Bilanziell wies sie nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aus.

Im Jahr 2003 erließ die A C S.A. der Klägerin eine Forderung in Höhe von 541.936,54 €. Den Erlass erfasste die Klägerin als außerordentlichen Ertrag.

Im Jahr 2004 leistete die A D S.A. an die Klägerin Liquiditätszuschüsse in Höhe von insgesamt 255.000 € und zwar am

26.01.2004

50.000 €,

26.04.2004

60.000 €,

08.09.2004

50.000 €,

23.12.2004

95.000 €.

Die Unterlagen weisen als Zahlungsgrund „avance en compte courant” aus, was übersetzt Überziehungskredit bzw. Vorschuss, Abschlagszahlung auf Kontokorrent bedeutet.

Vor dem Liquiditätszuschuss vom 23.12.2004 hatte die A D S.A. am 14.12.2004 ihren Gesellschaftsanteil an der Klägerin veräußert.

Im Jahr 2004 strukturierte die A D S.A. ihre Geschäftsfelder neu. Dabei wurden Überlegungen angestellt, das Geschäft der technischen Dienste in Deutschland, das Unternehmensgegenstand der Klägerin war, auslaufen zu lassen und die Klägerin aufzugeben. In dieser Situation erstellte der spätere Erwerber von Gesellschaftsanteilen an der Klägerin E das Management buy out vom 17.8.2004. Darin wurde untersucht und dargelegt, dass das Geschäftsfeld der Klägerin bei einer schlankeren Verwaltung unter einer neu zu gründenden GmbH wirtschaftlich tragfähig sei, wenn die Geschäftsaktivitäten der Klägerin für 1,– € übernommen werden könnten. Dazu solle eine eigenständige GmbH mit den Gesellschaftern E und F begründet werden, auf die zeitnah ohne Reibungsverluste die bestehenden Aktivitäten und Vereinbarungen sowie das Equipment der Klägerin übergeleitet werden sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Management buy out vom 17.8.2004 verwiesen.

Das Management buy out vom 17.8.2004 kam letztlich nicht zum Tragen.

Mit notariellem Vertrag vom 14.12.2004 veräußerten die A D S.A. und der verbliebene Minderheitsgesellschafter der Klägerin ihre Gesellschaftsanteile an der Klägerin für je 1,– € an die jetzigen Gesellschafter E und F. Die Gesellschaftsanteile wurden mit Wirkung zum 01.01.2005 nebst Gewinnbezugsrecht für die Geschäftsjahre ab dem 01.01.2005 an die Erwerber abgetreten. Das Gewinnbezugsrecht für alle Geschäftsjahre bis zum Ablauf des 31.12.2004 verblieb den Veräußerern.

Nach Ziffer II. 7. des Vertrages erklärten die Veräußerer, insbesondere die A D S.A., zudem vorbehaltlich der Regelungen im Vertrag zur Gegenleistung für den Anteilsverkauf, dass die Veräußerer keine Ansprüche mehr gegen die Klägerin, insbesondere aus Geschäftsbeziehungen der A D S.A. mit der Klägerin, haben. Vorsorglich verzichteten die Veräußerer auf alle ihnen noch zustehenden Ansprüche gegen die Klägerin und nahm die Klägerin diesen Verzicht an. Ebenso erklärte die Klägerin, dass Sie keine Ansprüche mehr gegen die A D S.A. hat und verzichtete vorsorglich auf alle ihr etwaig noch zustehenden Ansprüche.

Zum Kaufpreis ist im Vertrag festgehalten, dass er nur für das Stammkapital von 100.000 DM entrichtet wird. Der sich aus dem Ausgleich der Bilanzwerte ergebende Saldo von Aktiva minus Passiva laut Schlussbilanz zum 31.12.2004 ist von den Erwerbern anzuerkennen. In Höhe dieser Saldos gewähren die Erwerber der Klägerin ein Gesellschafterdarlehen zur Auszahlung an die A D S.A.. Ein etwaiger Saldo von Passiva minus Aktiva ist von der A D S.A. an die Erwerber auszuzahlen.

In der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2005 sind jeweils ein Gesellschafterdarlehn der beiden neuen Gesellschafter von 21.000 € ausgewiesen.

In der Anlage A des Vertrages ist des Weiteren vereinbart, dass die A D S.A. die Kosten der Beschäftigung einer namentlich genannten Arbeitnehmerin bis zum 31.3.2005 und die sich aus der Kündigung ergebenden Kosten trägt. Weiterhin erstattet die A D S.A. dem Erwerber 50 % der ...

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