Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des Umfangs der Ablaufhemmung durch die Prüfungsanordnung - Beginn der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO - Maßgeblichkeit der 1. Gesetzesalternative bei Stattfinden einer Schlussbesprechung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Auch eine nach Vornahme tatsächlicher Prüfungshandlungen ergehende Betriebsprüfungsanordnung bestimmt - insbesondere wenn es sich um eine Ergänzung der ursprünglichen Anordnung handelt - den Rahmen, innerhalb dessen eine Ablaufhemmung eintreten kann.

2) Nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO beginnt die Befristung der Ablaufhemmung in erster Linie mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat; auf das Kalenderjahr, in dem die letzten Ermittlungen stattgefunden haben, ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur abzustellen, wenn die Schlussbesprechung unterblieben ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 169 Abs. 2 Sätze 1, 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2, 2 Nr. 1, § 171 Abs. 4, § 202 Abs. 1, 1 S. 3, § 169 Abs. 2

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Festsetzungsfrist zum Zeitpunkt des Erlasses eines Umsatzsteuerbescheids bereits abgelaufen war.

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin ihres im Jahre 1993 verstorbenen Vaters, der Landwirt war und einen Putenmastbetrieb bewirtschaftete.

Am 7. März 1990 ordnete das zuständige Finanzamt für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft eine Betriebsprüfung im Unternehmen des Vaters an, betreffend die Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1987. Während der Prüfung holte der Prüfer eine amtliche Stellungnahme des amtlichen landwirtschaftlichen Sachverständigen beim Finanzamt R. ein. Aus dessen Feststellungen folgerte der Prüfer, dass der Vater der Klägerin nicht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, sondern aus Gewerbebetrieb erzielt hatte und dass dies auch bereits für das Jahr 1984 gegolten hatte.

Mit Schreiben vom 17. Juli 1990 erweiterte daher das Betriebsprüfungsfinanzamt die Betriebsprüfung auf Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Streitjahr (1984). Die hiergegen vom Vater der Klägerin eingelegte Beschwerde wurde als unbegründet zurück gewiesen, die Klage durch Urteil vom 3. Februar 1994 abgewiesen.

Nachdem am 9. März 1994 ein neuer Prüfer bestellt worden war, wurde am 8. März 1995 die Schlussbesprechung durchgeführt; der Prüfungsbericht datiert vom 11. August 1995. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) schloss sich den Prüfungsfeststellungen an und erließ am 12. Dezember 1995 einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr.

Hiergegen hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, der Steuerbescheid sei rechtswidrig, weil er nach Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen sei. Die letzte Ermittlungshandlung sei das Einholen der amtlichen Stellungnahme des landwirtschaftlichen Sachverständigen gewesen, das am 7. Juni 1990 vorgelegen habe. Die danach noch gefertigten zwei Aktenvermerke aus den Jahren 1991 und 1994 befassten sich ausschließlich mit den Erfolgsaussichten der Beschwerde bzw. mit der Feststellung, dass nach gewonnener Beschwerde der Fall zu Ende geprüft werden müsse. Dies seien keine Ermittlungen. Die Festsetzungsfrist habe daher mit Ablauf des Jahres 1994 geendet. Die im März 1995 durchgeführte Schlussbesprechung habe keine verjährungshemmende Wirkung mehr haben können. Die Klägerin beruft sich auf ein von ihr vorgelegtes Rechtsgutachten, das in einem anderen Fall erstellt worden ist, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Der Gutachter komme hierin zu dem Ergebnis, dass die Festsetzungsfrist ende, wenn seit den letzten Ermittlungen die Frist gemäß § 169 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) verstrichen sei und innerhalb dieser Frist keine Schlussbesprechung stattgefunden habe. Dem stehe im vorliegenden Fall auch nicht die Tatsache entgegen, dass das FA wegen der Beschwerde die Prüfung nicht fortgesetzt habe. Das FA sei durch die Beschwerde hieran nicht gehindert gewesen, da die Anfechtung die Vollziehung der Prüfungsanordnung nicht gehemmt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid vom 12. Dezember 1995 für das Jahr 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. November 1998 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage kann keinen Erfolg haben. Die Frist für die Festsetzung der Umsatzsteuer 1984 war bei Ergehen des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids vom 12. Dezember 1995 noch nicht abgelaufen. Zwar endete die reguläre Festsetzungsfrist für 1984 infolge Nichtabgabe einer Umsatzsteuererklärung durch den Vater der Klägerin am 31. Dezember 1991 (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO 1977). Der Fristablauf war jedoch gemäß § 171 Abs. 4 AO 1977 gehemmt.

Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuer...

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