Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch zwischen Ablauf und erneuter Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis

 

Leitsatz (redaktionell)

In der Zeit zwischen Ablauf und erneuter Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat ein Ausländer Anspruch auf Kindergeld. Beantragt nämlich ein Ausländer, der sich seit mehr als 6 Monaten rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, die Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt und nicht lediglich als befugt i.S.d. § 30 AuslG.

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 2, 2 S. 1, § 63 Abs. 1, 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1; AuslG § 69 Abs. 3, 3 Sätze 1, 1 Nr. 2, §§ 15, 30; EStG § 62

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Klägerin (Klin.) Kindergeld für die Zeit nach Ablauf bis zur erneuten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zusteht.

Die Klin. hat die ukrainische Staatsangehörigkeit. Sie lebt mit ihrer am 14.11.1987 geborenen Tochter in einem Haushalt. Sie war im Besitz einer bis zum 13.08.2000 befristeten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 15 Ausländergesetz (AuslG). Nachdem sie am 03.08.2000 die Verlängerung beantragt hatte, hat sie mit Wirkung ab dem 29.01.2001 wieder eine Aufenthaltserlaubnis. In der Zwischenzeit hielt sich die Klin. auf der Grundlage des § 69 Abs. 3 Nr. 2 AuslG im Bundesgebiet auf (vgl. Schreiben der Stadt A. vom 21.05.2001, Bl. 43 der Verwaltungsakte, sowie Bescheinigung der Stadt A. vom 02.11.2000, Bl. 25 der Verwaltungsakte).

Auf ihre Anträge bezog die Klin. für ihr Kind Kindergeld im Jahr 2000 sowie nach dem Bescheid vom 05.02.2001 ab Januar 2001.

Mit Bescheid vom 23.01.2001 hob das Arbeitsamt (AA) die das Jahr 2000 betreffende Festsetzung von Kindergeld auf, soweit die Zeit ab September bis Dezember betroffen war. Zur Begründung verwies es darauf, dass nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ausländischen Staatsangehörigen nur dann Kindergeld zustehe, wenn sie im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG) oder einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG) seien. Hieran fehle es vorliegend. Der Aufenthalt der Klin. gelte bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde lediglich als erlaubt, ohne dass die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt seien.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klin. Klage erhoben. Sie macht geltend, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet rechtmäßig gewesen sei. Nachdem die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis beantragt worden sei, habe die Ausländerbehörde nicht sofort entschieden, sondern ihr eine Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG erteilt. Diese Bescheinigung gelte im Rechtsverkehr wie eine fortbestehende Aufenthaltserlaubnis. Mit der späteren Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gelte die Aufenthaltserlaubnis ohne Unterbrechung als fortbestehend. Insofern liege der Fall anders, als wenn erstmals eine Aufenthaltserlaubnis beantragt werde. In diesem Fall gelte zwar der Aufenthalt als erlaubt. Es bestehe aber noch keine Aufenthaltserlaubnis, deren Wirkung sich fortsetzen könnte.

Aus diesem Grund bestehe in ihrem Fall der Anspruch auf Kindergeld ununterbrochen fort.

Die Klin. beantragt,

den Aufhebungsbescheid vom 23.01.2001 und die Einspruchsentscheidung (EE) vom 19.07.2001 aufzuheben.

Das AA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es macht geltend, dass die Klin. in der Zeit von September bis Dezember 2000 keine gültige Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis i.S.d. § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG gehabt habe. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut sollten bei einem Ausländer nur diese beiden in der Vorschrift genannten Aufenthaltstitel einen Kindergeldanspruch auslösen. Ausländer, die keinen solchen Titel hätten, erhielten eine steuerliche Entlastung über den Kinderfreibetrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die Steuerakten verwiesen. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Klin. steht Kindergeld für die Zeit von September bis Dezember 2000 zu.

Nicht streitig ist, dass die Klin. gemäß den §§ 62, 63 Abs. 1 Nr. 1 und 32 Abs. 1 EStG für ihre Tochter grundsätzlich einen Anspruch auf Kindergeld hat.

Das gilt entgegen der Rechtsauffassung des AA auch während der Zeit von September bis Dezember 2000. Das folgt aus § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG. Danach hat ein Ausländer Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist. Im Streitfall hatte die Klin. als Ausländerin auch während des streitigen Zeitraums eine Aufenthaltserlaubnis.

Nach § 15 AuslG wird die Aufenthaltsgenehmigung als Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn einem Ausländer der Aufenthalt ohne Bindung an einen bestimmten Aufenthaltszweck erlaubt wird. Vorliegend war zwar die erteilte Aufenthaltserlaubnis am 13.08.2000 abgelaufen und erst im Wirkung ab 29.01.2001 verlängert worden.

Der Aufenthalt der Klin. war aber ab dem 14.08.2000 in gleicher Weise wie vorher auf der Grundlage einer Aufenth...

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