Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzutreffende Feststellung des steuerlichen Einlagekontos mit 0,00 Euro, Nichtigkeit und Korrektur einer solchen Feststellung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 KStG kann nicht gemäß § 129 Satz 1 AO berichtigt werden, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass dem Sachbearbeiter ein Rechtsirrtum unterlaufen ist.

2) Ein Feststellungsbescheid nach § 27 Abs. 2 KStG ist nicht nichtig i.S.v. § 125 Abs. 1 AO, wenn der festgestellte Wert des steuerlichen Einlagekontos zwar in einem ganz erheblichen Maße von dem zutreffenden Wert abweicht, es aber im Zeitpunkt des Bescheiderlasses weiterer Nachforschungen bedurft hätte, um die Abweichung von der materiellen Rechtslage feststellen zu können.

 

Normenkette

AO § 124 Abs. 3, § 125 Abs. 1, § 129 S. 1; KStG § 27 Abs. 2

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die gesonderte Feststellung nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 (KStG 2002) auf den 31.12.2006 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden muss bzw. ob diese Feststellung nichtig ist.

An dem Stammkapital der Klägerin waren zunächst B D mit 165.000 € und F mit 135.000 € beteiligt.

Am 22.4.2006 veräußerten B D und F ihre Anteile an die G NV aus Belgien (Nummer …/2006 der Urkundenrolle des Notars H mit dem Amtssitz J). Nach Punkt 5 der Vorbemerkungen zum Vertrag beabsichtigte die G NV neben den Anteilen an der Klägerin auch die zukünftigen Anteile an der K GmbH zu erwerben, die am 20.4.2006 als 100%-ige Tochtergesellschaft der Klägerin gegründet worden war.

Der Verkauf der Anteile an der Klägerin erfolgte mit wirtschaftlicher Wirkung zum Stichtag 1.1.2006, 00:00 Uhr. Unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung und der Kartellfreigabe traten die beiden Altgesellschafter ihre Anteile an die G NV ab (§ 1 Abs. 1 und 2 des Vertrages).

Gemäß § 2 Abs. 1 des Vertrages betrug der Kaufpreis insgesamt 22.500.000 €. Der Kaufpreis war fällig und wie folgt zu zahlen (§ 2 Abs. 2 des Vertrages):

  • Ein Teilkaufpreis von 20.000.000 € entfiel in Höhe von 1.800.000 € auf das Geschäft der K GmbH und in Höhe von 18.200.000 € auf die Anteile an der Gesellschaft. Der Betrag wurde drei Bankarbeitstage nach Kartellfreigabe fällig. Auf B D entfielen 10.910.000 €, von denen 10.010.000 € auf sein Konto zu überweisen waren. Der Differenzbetrag von 900.000 € war auf ein Konto der Klägerin zu überweisen und sollte in die Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 des Handelsgesetzbuches) eingezahlt werden. Der auf F entfallende Teil des Kaufpreises sollte in Höhe von 8.190.000 € auf sein Konto überwiesen werden; der Differenzbetrag von auch hier 900.000 € war ebenfalls unmittelbar in die Kapitalrücklage der Klägerin einzuzahlen.

    B D und F waren verpflichtet, rechtzeitig vor dem Closing einen Gesellschafterbeschluss zu fassen, in dem sie sich verpflichteten, jeweils 900.000 € am Closing in die Kapitalrücklage der Gesellschaft zum Zweck der Finanzierung des Kaufs des …geschäfts durch K GmbH einzulegen. Die G NV hatte als Käuferin der Anteile dafür Sorge zu tragen, dass die Gesellschaft die erhaltenen Einlageleistungen noch am selben Tag als Einlagenzahlung der Gesellschaft in die Kapitalrücklage der K GmbH einzahlt. Ebenso hatte die G NV Sorge dafür zu tragen, dass die K GmbH den Kaufpreis bezahlte, der zur Erfüllung des zwischen K GmbH und L GmbH bis spätestens zum Closing abzuschließenden Kaufvertrags geschuldet wurde.

  • Ein weiterer Teilbetrag von 1.250.000 € war sechs Monate nach dem Teilkaufpreis 1 fällig und im Verhältnis 687.500 € und 562.500 € an die Verkäufer zu zahlen.
  • Ein weiterer Teil des Kaufpreises in Höhe von 1.000.000 € war am 31.12.2007 fällig und auf das Sicherheitenkonto zu zahlen.
  • Ein letzter Teil wurde am 31.12.2008 fällig; der Restbetrag von 250.000 € war ebenfalls auf das Sicherheitenkonto einzuzahlen.

Eine Fotokopie des vorgenannten Vertrages vom 22.4.2006 und die Fotokopie eines Gesellschafterbeschlusses vom 3.7.2006 betreffend das Geschäftsjahr der Klägerin befanden sich bereits im Mai/Juli 2006 in der Vertragsakte des Beklagten (des Finanzamts –FA–). In dem vorgenannten Gesellschafterbeschluss wurde u.a. ausgeführt: „Erst kurz vor Closing wurde festgestellt, dass die Abschlüsse nicht auf das Ende des durch Satzung bestimmten Geschäftsjahres aufgestellt wurden.”

Der Kaufvertrag wurde –was zwischen den Beteiligten heute unstreitig ist– ordnungsgemäß erfüllt. Insbesondere gehen die Beteiligten aufgrund der in der Klagebegründung vom 16.5.2017 (nebst der dortigen Anlage 2) ausdrücklich dargelegten Einzahlung der Einlagen nunmehr übereinstimmend davon aus, dass die vereinbarten Einlagen in Höhe von 1.800.000 € bereits im Streitjahr 2006 an die Klägerin geleistet worden sind.

In einem handschriftlichen Aktenvermerk der Sachbearbeiterin, der Zeugin M, das sich in der Vertragsakte zwischen einem Schreiben des FA vom 9.5.2006 und einem Schreiben des Amtsgerichts E vom 4.8.2006 be...

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