Entscheidungsstichwort (Thema)

Gestaltungsmissbrauch bei Grundstückserwerb

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Erwerber eines Grundstücks erlangt trotz Option zur Umsatzsteuer durch den Grundstücksverkäufer wegen Gestaltungsmissbrauch keinen Vorsteueranspruch, wenn bereits bei Abschluss des Kaufvertrags außerhalb der notariellen Urkunde vereinbart war, dass der Verkäufer zur Umsatzsteuer optieren wird, der im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreis den Bruttokaufpreis darstellt, der Erwerber bereits mit Abschluss des Kaufvertrags einen Anspruch auf Rechnungserteilung erlangt hat und sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Erwerber die Anforderung von Rechnungen mit gesondertem USt-Ausweis bewusst mit dem Ziel verzögert hat, um ein Auseinanderfallen seines Vorsteueranspruchs mit einer nicht mehr realisierbaren USt-Schuld beim Verkäufer zu erreichen.

 

Normenkette

AO § 42; UStG § 15

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.01.2008; Aktenzeichen XI B 198/07)

 

Tatbestand

Streitig ist der Vorsteuerabzug aus Rechnungen über den Erwerb einer Gewerbeeinheit in I und einer Eigentumswohnung in C.

Der Kläger (Kl.) ist als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätig.

Mit seiner am 08.08.2002 beim Beklagten (Finanzamt – FA –) eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung für das II. Quartal 2002 hat er u. a. Vorsteuerbeträge in Höhe von 48.444,72 EUR aus zwei Grundstückskäufen geltend gemacht.

Er hat mit zwei notariellen Verträgen von seinem Mandanten, Herrn F, verschiedene noch zu sanierende (I) bzw. zu errichtende (C) Wohnungen und Gewerbeeinheiten gekauft, nämlich

1.)

mit Vertrag vom 16.12.1997 in dem Objekt W-straße …, I

die Gewerbeeinheit

Nr. 12 zum Preis von

314.000,00 DM

die Eigentumswohnung

Nr. 21 zum Preis von

210.000,00 DM

zuzüglich

Sanierungskosten laut gesondertem Vertrag in Höhe von

82.530,00 DM

606.530,00 DM

2.)

mit Vertrag vom 28.12.1998 in dem Objekt T-straße …, C

die Eigentumswohnung

Nr. 1 zum Preis von

390.000,00 DM

die Eigentumswohnung

Nr. 5 zum Preis von

440.000,00 DM

die Eigentumswohnung

Nr. 8 zum Preis von

300.000,00 DM

1.130.000,00 DM

Die Gewerbeeinheit in I wurde in vermietetem Zustand gekauft. Vereinbart war, dass der Kl. als Erwerber in den laufenden Mietvertrag eintritt. Er hatte daraufhin der Betriebsprüferin mitgeteilt, dass er bezüglich I keine Mietverträge habe, da die Einheiten nicht vermietet seien. Nach seinen Angaben im Einspruchsschreiben vom 01.02.2003 hingegen vermietet der Kl. die Gewerbeeinheit auch weiterhin umsatzsteuerpflichtig. Mit Schreiben vom 07.03.2003 erklärte der Kl., die Miete für die Gewerbeeinheit in I betrage 1.320,00 DM monatlich zuzüglich Nebenkosten und sei in den Jahren 1998 bis 2000 – zumindest teilweise – vom Grundstücksverkäufer, Herrn F, an ihn ausgezahlt worden. Jedenfalls ab 2006 wird die Gewerbeeinheit steuerpflichtig vermietet.

Die Wohnungen Nr. 1, 5 und 8 in dem Objekt in C sind nach den Angaben des Kl. im Februar 2002 endgültig fertiggestellt worden. Die Gewerbeeinheit Nr. 1 (im o. a. Kaufvertrag als Eigentumswohnung Nr. 1 bezeichnet) ist ab 2005 ohne USt vermietet worden. Nach den Angaben des Kl. hat der Verkäufer der drei Wohnungen Mietgarantien für ein Jahr, d. h. bis Ende 1999 (mündlich, ohne schriftlichen Vertrag) zugesagt, jedoch auch darüber hinaus weiter gezahlt.

In beiden notariellen Kaufverträgen ist zur Umsatzsteuer nichts gesagt und keine USt gesondert ausgewiesen.

Der Kl. hat zwei schriftliche Vereinbarungen mit Datum vom 05.01.1999 getroffen. In diesen Vereinbarungen vom 05.01.1999 wird auf den notariellen Kaufvertrag vom 16.12.1997 bzw. 28.12.1998 und den Erwerb der Gewerbeeinheit in I bzw. des Miteigentumanteils in C Bezug genommen. Danach treffen der Kl. und der Verkäufer folgende Regelung:

„Dies vorausgeschickt erklären die Parteien, dass Herr F bezüglich des Verkaufs zur Umsatzsteuer optieren wird. Herr F wird Herrn X auf dessen Verlangen eine Rechnung mit offenem Umsatzsteuerausweis ausstellen. Die Umsatzsteuer beträgt 15/115 aus 314.000,00 DM, mithin 40.956,52 DM (für das Objekt I) bzw. 16/116 aus 390.000,00 DM, mithin 53.793,10 DM (für das Objekt C).”

Aus zwei Rechnungen mit Datum vom 15.06.2002, in denen der Verkäufer der Grundstücke – bezugnehmend auf die o. a. Vereinbarung vom 05.01.1999 – den Verkauf der beiden Objekte mit offenem Ausweis der USt abrechnet, macht er – der Kl. – die Vorsteuer geltend.

Am 07.11.2002 hat der Kl. für seinen Mandanten F eine USt-VA für den Monat Juni 2002 beim FA eingereicht. Es werden die beiden in den o. a. Rechnungen vom 15.06.2002 aufgeführten Grundstücksverkäufe als steuerpflichtige Umsätze erklärt (USt 15 bzw. 16 % = 48.444,72 EUR / Zahllast: 34.447,00 EUR). Diese Voranmeldung hat der Kl. für den Verkäufer F selbst unterschrieben. Zahlungen auf diese USt-Zahllast sind bis heute nicht erfolgt.

Mit Schreiben vom 16.12.2002 an die USt-Sonderprüfungsstelle teilte der Kl. mit, Herr F habe selbstverständlich die Absicht, seine angemeldete Umsatzsteuer zu bezahlen; er sei lediglich nicht dazu im Stande, weil er sich in einer wirtschaftlich...

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