Entscheidungsstichwort (Thema)

Antragsbefugnis, Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 160 AO und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheides ist mangels Antragsbefugnis unzulässig, wenn nach dem Vortrag des Antragsstellers offensichtlich und eindeutig eine Rechtsverletzung nicht in Betracht kommen kann.

2) Ein Benennungsverlangen nach § 160 AO ist bei summarischer Prüfung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, wenn der Name des Empfängers oder Gläubigers der Finanzbehörde bereits bekannt ist oder bekannt sein muss.

3) Zur Frage, wann bei summarischer Prüfung ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG wegen Erfüllung des Straftatbestandes des § 299 Abs. 2 und Abs. 3 StGB bestehen.

4) An der Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Verkauf eines PKWs an den Gesellschafter zu unangemessen niedrigen Konditionen bestehen keine ernsthaften Zweifel.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2; AO § 160; FGO § 40 Abs. 2, § 69; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.11.2010; Aktenzeichen I B 143/10)

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen der Antragstellerin für Provisionen und Warenbezüge nicht abziehbare Betriebsausgaben darstellen und ob es aufgrund des Verkaufs eines Hummer H2 zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) gekommen ist.

Die Antragstellerin, die einen Handel mit synthetischen Garnen betreibt, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), an der Herr A.B. zu 75 % und Herr B.B. zu 25 % beteiligt sind. Beide Gesellschafter sind zugleich einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Antragstellerin.

Im Jahre 2009 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung A-Stadt bei der Antragstellerin eine die Umsatzsteuer, die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer der Jahre 2003 bis 2007 betreffende Außenprüfung durch. Die Außenprüfung gelangte u.a. zu folgenden Feststellungen.

Die synthetischen Garne (Polyestergarne) erwirbt die Antragstellerin vorwiegend von dem weißrussischen Unternehmen Z. (im Folgenden: Z.), einer Gesellschaft des weißrussischen Staatskonzerns T..

Im Jahre 2004 zahlte die Antragstellerin insgesamt 537.870 EUR an die X. Ltd. (im Folgenden: X.) für die Lieferung von Paraxylol, einem Grundstoff für die Herstellung von Polyester. Abnehmerin des Paraxylols und Vertragspartner der X. war jedoch nicht die Antragstellerin, sondern Z., die hieraus Polyestergarne herstellte, die sie an die Antragstellerin lieferte. Den hierfür in Rechnung gestellten Kaufpreis verrechnete die Antragstellerin mit den Zahlungen an die X.. Zur Begründung für diese Vorgehensweise gab die Antragstellerin Liquiditätsprobleme der Z. an.

Nach Auskunft des Bundeszentralamts für Steuern verfügte die X. mit Sitz in O. auf den British Virgin Islands an ihrer Sitzadresse über keinen eigenen wirtschaftlich aktiven Geschäftsbetrieb. Auch andernorts konnte die Außenprüfung keinen wirtschaftlich

aktiven Geschäftsbetrieb ermitteln. Der Prüfer vertrat daher die Auffassung, dass es sich um eine sog. Offshore-Gesellschaft handele, der von Gesetzes wegen eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sitzstaat untersagt sei. Die X. sei als Briefkastengesellschaft zu qualifizieren. Die Adresse „P.O. Box 146, Road Town, O.” gehöre dem Registrierungsagenten P.(BVI) Ltd. und sei als Massendomizil anzusehen, das verschiedenen Briefkastengesellschaften als Domizil diene.

Weil die Antragstellerin den Namen der hinter X. stehenden Gesellschafter nicht benannte, vertrat die Betriebsprüfung die Auffassung, der Empfänger der Zahlungen an X. sei nicht in ausreichendem Maße benannt. Daher lägen in Höhe von 537.870 EUR nichtabziehbare Betriebsausgaben vor.

Am 18.11.2003 schloss die Antragstellerin mit der Q. Import/Export Ltd. (im Folgenden: Q.) einen Vertrag, in dem sich Q. verpflichtete den Kauf und die Lieferung von hochwertigen Garnen von Z. und anderen Herstellern aus Weißrussland sicherzustellen. Sie versprach in dem Vertrag, der Antragstellerin die notwendigen Informationen über Verwaltung, Rohstoffpreise und Einkaufskonditionen anzubieten, die es der Antragstellerin ermöglichen sollten, einen Vertrag mit dem Hersteller abzuschließen. Die Antragstellerin verpflichtete sich ihrerseits, für diese Leistungen eine monatliche Provision in Höhe von 2.500 EUR zu zahlen.

Aufgrund dieser Vereinbarung leistete die Antragstellerin in den Jahren 2003 bis 2005 folgende Zahlungen:

2003

2.500 EUR

2004

27.500 EUR

2005

15.000 EUR

In den Jahren 2005 und 2006 wurde die Vereinbarung mit der V. Management Inc. (im Folgenden: V.) fortgeführt, an die die Antragstellerin im Jahre 2005 15.000 EUR zahlte. Im Jahre 2006 zahlte die Klägerin Provisionen in Höhe von 30.000 EUR; zudem stellte ihr V. 4.000 Tonnen PET für Mai bis Dezember 2006 zu einem Preis von 25.800 EUR in Rechnung.

Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, Q. und V. stellten sog. Bri...

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