Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegfall des rechtlichen Grundes bei späterer Änderung der Bemessungsgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

Tritt ein Leistungsempfänger seinen Vorsteuervergütungsanspruch aus einer umsatzsteuerpflichtigen Lieferung an den Leistenden ab und wird der Vorsteuerabzug nach der Uneinbringlichkeit der Forderung beim Leistungsempfängers gem. § 17 Abs. 2 UStG 1999 berichtigt, führt die Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG nicht zu einem späteren Wegfall des rechtlichen Grundes für die Auszahlung des Vorsteuerüberschusses gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 AO gegenüber dem Zessionar (Leistenden).

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2 S. 2, § 157 Abs. 2, §§ 46, 218 Abs. 2; UStG § 17 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.10.2009; Aktenzeichen VII R 4/08)

 

Tenor

1. Der Rückforderungsbescheid vom 25. Juli 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 28. März 2006 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Rechtsgrund für die Verrechnung von Vorsteuerbeträgen auf die Umsatzsteuerschuld der Klägerin als Zessionarin i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung 1977 (AO) weggefallen ist.

Die Klägerin stand zu der Fa. xxxx GmbH & Co. xxxxKG (nachfolgend HHB) in Geschäftsbeziehungen und führte für diese im Jahr 2004 steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen aus. Aufgrund der Leistungen an die HHB entstanden bei dieser Vorsteuererstattungsansprüche, die wiederum teilweise an die Klägerin abgetreten wurden. Im Rahmen einer Umsatzsteuerprüfung bei der HHB stellte das Finanzamt (FA) fest, dass die HHB gegenüber der Klägerin noch Verbindlichkeiten aus nicht bezahlten Eingangsrechnungen hatte.

Aufgrund der am 22. April 2005 angeordneten vorläufigen Insolvenzverwaltung über das Vermögen der HHB kam das FA zu dem Ergebnis, dass diese Forderungen der Klägerin uneinbringlich geworden sind und der durch die HHB in Anspruch genommene Vorsteuerabzug rückgängig zu machen sei. Die Vorsteuerberichtigung wurde darauf hin mit Bescheid vom 13. Mai 2005 über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April 2005 gegenüber HHB vollzogen.

Mit Bescheid vom 25. Juli 2005 forderte das FA gegenüber der Klägerin die verrechneten bzw. erstatteten Beträge in Höhe von 258.364,56 EUR zurück. Zur Begründung führte das FA an, dass mit der Vorsteuerberichtigung bei der HHB der Rechtsgrund für die aufgrund der Abtretungsanzeigen geleisteten Umbuchungen, d.h. für die Verrechnungen mit eigenen Umsatzsteuerschulden der Klägerin entfallen sei. Die Verrechnungen seien in Höhe von 258.364,56 EUR rückgängig zu machen.

Der gegen den Rückforderungsbescheid eingelegte Einspruch der Klägerin blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 28. März 2006).

Mit ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen Folgendes geltend: Das FA gehe fehl in der Annahme, dass konkrete Vorsteuerbeträge einzelner Rechnungen abgetreten worden seien, es handele sich vielmehr um Vorsteuererstattungsansprüche, die auf einen bestimmten Zeitraum bezogen gewesen seien. Die Abtretungen seien wirksam zustande gekommen und von der Beklagten auch erfüllt worden und würden nicht rückwirkend wegfallen. Erst in einem anderen Veranlagungszeitraum, nämlich im Jahr 2005 sei die Zedentin in Insolvenz gegangen. Damit sei auch eine Änderung der Bemessungsgrundlage erst im Jahr 2005 eingetreten. Jeder Soll-Versteuerer müsse die Mehrwertsteuer aus den von ihm erstellten Rechnungen zum Monat der Rechnungsstellung an das Finanzamt bezahlen. Werde die Rechnung nicht bezahlt und stehe z.B. erst nach drei Jahren fest, dass die Rechnung aufgrund einer Insolvenz des Schuldners nicht mehr bezahlt werde, erhalte der Steuerpflichtige auch nicht die drei Jahre zuvor bezahlte Mehrwertsteuer rückwirkend erstattet, sondern die Finanzverwaltung ermäßige die Mehrwertsteuer in dem Zeitpunkt, in dem der endgültige Forderungsausfall feststehe.

Die Klägerin beantragt, den Rückforderungsbescheid vom 25. Juli 2005 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

Es ist gleichfalls der Meinung, dass der Vorsteuerabzug aus nicht bezahlten Eingangsrechnungen rückgängig zu machen sei, wenn das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden sei. Die Berichtigung sei demnach in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eintrete. Deswegen sei vorliegend auch die Umsatzsteuerfestsetzung der HHB für April 2005 berichtigt worden.

Gleichwohl sei der Rückforderungsbescheid rechtmäßig, weil aufgrund der Berichtigung nach § 17 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Rechtsgrund für die Vorsteuererstattungen aus den nicht bezahlten Eingangsrechnungen weggefallen und dem FA ein R...

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