Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung wegen offenbarer Unrichtigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufgrund der handschriftlichen Vermerke und Eintragungen des Sachbearbeiters auf den eingereichten Steuererklärungen kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Sachbearbeiter eigene – wenn auch falsche – rechtliche Überlegungen angestellt hat, so dass die mehr als theoretische Möglichkeit eines Rechtsfehlers gegeben ist. Unabhängig von dem Maß an vorgenommener Sorgfalt bei der Bearbeitung kommt eine Anwendung des § 129 AO daher nicht in Betracht.

 

Normenkette

AO §§ 129, 181 Abs. 1 S. 1, § 169 Abs. 1 S. 1f, § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Bescheid vom 13. Januar 2010 über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12. 2010 wegen offenbarer Unrichtigkeit zu ändern ist.

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in München. Der Gegenstand ihres Unternehmens ist die Programmierung, Entwicklung und der Vertrieb von Software und Hardware, Computerschulungen sowie Systemadministration.

Am 7. September 2011 reichte der damalige steuerliche Vertreter der Klägerin die Steuererklärungen für das Jahr 2010 beim Finanzamt ein. Dabei wurde in der Körperschaftsteuererklärung in der Anlage A (nicht abziehbare Aufwendungen) in der Zeile 7a (Gewerbesteuer ab Erhebungszeitraum 2008) ein Aufwand von 2.531 EUR erklärt. In den Erläuterungen zum Jahressabschluss war auf der Aktivseite unter sonstigen Vermögensgegenständen ein Gewerbesteuerguthaben 2010 über 2.531 EUR ausgewiesen. Auf Seite 7 des Bilanzberichts war bei der Berechnung des steuerlichen Ergebnisses dem Steuerbilanzverlust von 13.265 EUR der Posten „Gewerbesteuer 2010” über 2.531 EUR hinzugerechnet worden, so dass sich ein steuerliches Ergebnis von Negativ 15.978 EUR ergab.

Bei der Bearbeitung der eingereichten Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung 2010 nahm der Sachbearbeiter handschriftliche Eintragungen in der Zeile 7a vor: Er strich den Eintrag von 2.531 EUR in der Zeile 7a durch, unterstrich den Eintrag von 2.531 EUR mit einer unterbrochenen Strichlinie und nahm den handschriftlichen Vermerk „-s.S.7 Bilanz” vor. Im Übrigen wurde eine erklärungsgemäße Veranlagung der Klägerin ohne Vorbehaltsvermerk i.S.d. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) vorgenommen und im Körperschaftsteuerbescheid vom 8. November 2011 ein Jahresfehlbetrag von 15.978 EUR sowie Aufwendungen für Gewerbesteuer in Höhe von 2.531 EUR angesetzt, so dass sich ein zu versteuerndes Einkommen von negativ 13.265 EUR ergab. Im Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2010 wurde der steuerliche Verlust 2010 mit 13.265 EUR angesetzt (vgl. Steuerbescheide 2010 vom 8. November 2011). Einsprüche gegen diese Bescheide wurden nicht eingelegt.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2013 beantragte der steuerliche Vertreter der Klägerin, den Verlustfeststellungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2010 nach § 129 AO zu ändern. Das zu versteuernde Einkommen sei im Jahr 2010 zu hoch und damit der Verlustvortrag um den Betrag von 2.531 EUR zu niedrig angesetzt worden. Dabei handle es sich um die im Jahr 2010 für das Jahr 2010 vorausbezahlte Gewerbesteuer. Auf Grund eines Eingabefehlers in den EDV-Programmen sei die Gewerbesteuer bei der Steuerberechnung wieder hinzugerechnet worden, obwohl sie im Jahresabschluss nicht als Ausgabe erfasst worden sei. Das Finanzamt lehnte die beantragte Änderung jedoch mit Bescheid vom 13. März 2013 ab. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Entscheidung vom 22. Mai 2017 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der hiergegen eingelegten Klage wiederholt und vertieft die Klägerin im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Bei der Erstellung der Steuererklärungen für das Jahr 2010 habe der frühere Steuerberater versehentlich die Zurechnung der Gewerbesteuer doppelt erfasst, obwohl die Steuererklärung kontrolliert worden sei. Der Fehler des Steuerpflichtigen sei vom Finanzamt übernommen worden, so dass eine Änderung nach § 129 AO grundsätzlich zulässig sei. Der Fehler sei durch eine unrichtige Eintragung in das EDV-Programm entstanden. Offensichtlich sei es durch eine falsche Programmsteuerung zu einer doppelten Berücksichtigung der Hinzurechnung der Gewerbesteuer gekommen. Dabei handle es sich um eine offenbare Unrichtigkeit.

Zu Unrecht vertrete das Finanzamt die Auffassung, dass die doppelte Hinzurechnung der Gewerbesteuer auch ein Rechtsirrtum des Sachbearbeiters gewesen sein könnte, der einer Änderung nach § 129 AO entgegenstehe. Es sei jedoch nicht vorstellbar, dass ein qualifizierter Sachbearbeiter meinen könne, dass die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe doppelt hinzugerechnet werden könne. Hinzu komme, dass das Finanzamt bis zur Einspruchsentscheidung entscheidende Punkte zurückgehalten und den Antrag der Klägerin auf Erörterung nach § 364a AO ohne jede Angabe von Gründen ignoriert ...

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