Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldberechtigung. Wohnsitz

 

Leitsatz (redaktionell)

Keinen inländischen Wohnsitz und damit keine Kindergeldberechtigung hat, wer eine Wohnung nur gelegentlich zu Besuchszwecken und nicht ständig oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit nutzt, auch wenn er anläßlich der kurzen Aufenthalte im Inland Ärzte aufsucht.

 

Normenkette

AO 1977 § 8

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt Kindergeld für ihren am 18.12.2004 geborenen Sohn xxx.

Die beklagte Familienkasse wies den Antrag der Klägerin auf Kindergeld mit Bescheid vom 24.04.2005 zurück. Die Klägerin lebe seit 2002, zunächst allein und dann mit Ehemann und Kind, in Spanien. Sie nutze zwar eine Wohnung im Hause ihrer Eltern in Ottobrunn unentgeltlich. Ihre dortigen Aufenthalte seien jedoch nur besuchsweise erfolgt und könnten keinen Wohnsitz in Deutschland begründen; sie habe auch nicht nachgewiesen, dass sie in Deutschland als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werde. Die Klägerin erhob hiergegen Einspruch. Im Laufe des Einspruchsverfahrens nahm ein Mitarbeiter der Beklagten die Wohnung im Elternhaus der Klägerin in Augenschein. Er berichtete, die Eltern der Klägerin hätten ihm mitgeteilt, dass sich die Klägerin noch bis circa zehn Tage vor dem Augenschein für einen längeren Zeitraum in der Wohnung aufgehalten habe; er habe jedoch den Eindruck gewonnen, dass die Wohnung seit längerem nicht benutzt worden sei. Zudem handele es sich bei der Küche lediglich um eine sog. Singleküche mit zwei elektrischen Kochplatten, die den Eindruck einer Abstellkammer erweckt habe (Aktenvermerk vom 09.02.2006, Blatt 48 der Kindergeldakte). Die Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23.02.2006 zurück.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Wohnung im Dachgeschoss des Hauses ihrer Eltern bestehe aus einem Zimmer, Flur, Küche und Bad mit insgesamt 37,4 qm. Sie nutze die Wohnung aufgrund eines unentgeltlichen Überlassungsvertrags mit ihrem Vater seit dem Jahr 2001. Sie habe sich vom 19.6. bis 17.7.2005, 17.12.2005 bis 31.01.2006, 31.07.2006 bis 27.08.2006 und vom 01.10.2006 bis 28.10.2006 in der Wohnung aufgehalten. Dabei sei sie jeweils von ihrem Sohn und ihrem Mann, der seit 30.06.2005 beschäftigungslos sei und sich im Dezember 2005 in Ottobrunn mit alleinigem Wohnsitz angemeldet habe, begleitet worden. Die Wohnung in Madrid bestehe seit 2004 bis heute unverändert fort. Ihr Wohnsitz befinde sich jedoch – zumindest auch – in Deutschland, da sie dort neben ihrer Wohnung auch Freunde und Bekannte habe. Ihr Sohn sei deutscher Staatsbürger und solle seine Heimatsprache in Deutschland lernen. Die Klägerin hat verschiedene Unterlagen vorgelegt, insbesondere Bestätigungen über Arztbesuche, auf die Bezug genommen wird, ferner eine Negativauskunft des Finanzamts München IV bezüglich der Zuteilung einer Steuernummer vom 10.03.2005 und die Kopie ihres Antrags auf Ausstellung einer NV-Bescheinigung für 2006.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 24.05.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 23.02.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr ab Dezember 2004 Kindergeld für ihren Sohn xxx auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es sei kein Wohnsitz im Inland nachgewiesen, die Aufenthalte erfolgten nur besuchsweise. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz in Deutschland im Jahr 2002 aufgegeben. Das bloße Vorhalten einer Wohnung zu Besuchszwecken und eine vage Absicht, eventuell später in diese Wohnung zurückzukehren, reichten nicht aus. Die Klägerin sei auch weder nach § 1 Abs. 1 noch nach § 1 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) unbeschränkt einkommensteuersteuerpflichtig.

Im Übrigen wird auf die Kindergeldakte, die Aufklärungsanordnung nach § 79 Finanzgerichtsordnung (FGO) vom 17.01.2007 sowie die im Laufe des Verfahrens eingereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Nach § 62 Abs. 1 EStG hat Anspruch auf Kindergeld, wer im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder – ohne diese Voraussetzungen zu erfüllen – nach § 1 Abs. 2 oder Abs. 3 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht gegeben.

a) Die Klägerin hat keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

aa) Hierzu hat der Bundesfinanzhof in Fortführung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum früheren Bundeskindergeldgesetz ausgeführt (BFH-Urteil vom 12.01.2001 VI R 64/98, BFH/NV 2001, 1231):

„Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der steuerrechtliche Wohnsitzbegriff objektiviert. Er stellt auf die tatsächlichen Gegebenheiten ab und knüpft in erster Linie an äußere Merkmale, nicht an subjektive Momente oder Absichten an. Maßgebend ist der objektive Zustand, nämlich das Innehaben e...

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