Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansässigkeit eines Unternehmers mit Wohnung in Deutschland und Büro in Österreich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff der Ansässigkeit i.S. von § 13b Abs. 4 UStG ist am Gemeinschaftsrecht auszurichten; demnach geht bei Erbringung einer Personalgestellung auch dann die Steuerschuldnerschaft auf inländische Unternehmer als Leistungsempfänger über, wenn der Leistungserbringer zwar einen Wohnsitz im Inland hat, der Firmensitz aber im Ausland besteht.

2. Es spricht für einen Firmensitz des in Deutschland wohnenden Klägers in Österreich, wenn er sich in den in Österreich angemieteten Räumlichkeiten drei- bis viermal wöchentlich aufgehalten hat, die von ihm angemieteten Räumlichkeiten einen hinreichenden Grad an Beständigkeit und eine Struktur besessen haben, die die Erbringung von Personalüberlassungsumsätzen ermöglichten, wenn ferner nach Zeugenaussagen die Geschäfte tatsächlich vom Firmensitz in Österreich aus getätigt worden sind, ein Gewerbe in Österreich angemeldet worden ist und wenn das zuständige österreichische Finanzamt dem Kläger nach einer Unternehmensnachschau eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zugeteilt hat. Dass der Kläger gelegentlich Personalgespräche in Deutschland geführt und ein Handy mit einer deutschen Rufnummer besessen hat, führt nicht zur Begründung eines Firmensitzes in Deutschland.

 

Normenkette

UStG 1999 § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 4 Sätze 1-3, § 3a Abs. 4 Nr. 7, Abs. 3 S. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 2

 

Tenor

1. Der Umsatzsteuerbescheid für 2002 vom 3. Januar 2005 und die Einspruchsentscheidung werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Kläger Umsätze aus der Gestellung von Personal an inländische Unternehmen in Deutschland zu versteuern hat.

Nach den Ermittlungen des Hauptzollamts Finanzkontrolle Schwarzarbeit (nachfolgend: HZA), hatte der Kläger von Ende Dezember 2001 bis Ende Dezember 2003 zunächst in S./Österreich vom 14. Dezember 2001 bis 29. April 2002 und vom 30. April 2002 bis 7. Mai 2003 in St. F / Österreich ein Gewerbe mit der Bezeichnung „Überstellungs-, Administrati-ons- und Fahrdienst” angemeldet. Zu diesem Zweck hielt er sich nach seinen eigenen Angaben drei bis viermal wöchentlich in Österreich auf. Die vom Kläger im Rahmen seines Betriebs beschäftigten Arbeitnehmer wurden an Speditionen im Raum Niederbayern für Fahrtätigkeiten in ganz Deutschland überlassen.

Der Kläger behielt seinen privaten Wohnsitz in Offenberg zunächst bei und meldete sich erst am 1. Juli 2002 nach Österreich um. Nach den Feststellungen des HZA hielt er sich auch nach seiner Abmeldung noch häufig in Deutschland auf und zwar bei seiner Lebensgefährtin in Offenberg.

Das Finanzamt S überprüfte im Rahmen einer Nachschau anlässlich der Neuaufnahme seines Betriebs in Österreich am 21. März 2002 die betrieblichen Verhältnisse vor Ort und erteilte dem Kläger eine Umsatzsteuer Id-Nummer.

Der Kläger rechnete seine Leistungen netto gegenüber den deutschen Speditionsbetrieben mit dem Zusatz „Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG beim Leistungsempfänger” ab.

Das Finanzamt (FA) kam aufgrund der vorliegenden Umstände zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht als ausländischer Unternehmer im Sinne von § 13b des Umsatzsteuergesetzes in der hier maßgebenden Fassung (UStG) angesehen werden könne und erließ daher am 3. Januar 2005 einen Umsatzsteuerbescheid für 2002. Es setzte die Umsatzsteuer auf 35.113 EUR fest und ging hierbei davon aus, dass die Umsätze des Klägers in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig seien. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 7. September 2005).

Der Kläger begründet seine Klage im Wesentlichen wie folgt:

Er habe zu keiner Zeit Umsatzsteuer hinterzogen, da er keine Umsatzsteuer an die Kunden verrechnet habe. Auch sei den deutschen Finanzbehörden keine Steuer entgangen, da sämtliche Kunden in Deutschland vorsteuerabzugsberechtigt gewesen seien und es sich deswegen lediglich um einen Durchlaufposten gehandelt habe. Die Steuerschuld sei außerdem gem. § 13b UStG beim Leistungsempfänger entstanden.

Der Kläger beantragt, den Umsatzsteuerbescheid vom 3. Januar 2005 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

Es verweist in seiner Erwiderung im Wesentlichen auf die Begründung der Einspruchsentscheidung.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des … als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 13. September 2007 hingewiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat den Kläger zu Unrecht wegen der Üb...

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