rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung Gebäude. Betriebsvorrichtung bei einer Lagerhalle

 

Leitsatz (amtlich)

Eine zum Lagern von Ton bestimmte, allseits offene Halle ist ein Gebäude.

 

Normenkette

BewG § 68

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine allseits offene Halle den Gebäudebegriff des § 68 Bewertungsgesetz (BewG) erfüllt, oder ob es sich um eine Betriebsvorrichtung handelt.

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks …

Im Jahr 1996 wurden verschiedene Baumaßnahmen fertig gestellt, u. a. die Errichtung einer Ton-Lagerhalle.

Wegen dieser Baumaßnahmen wurde die Klägerin zur Abgabe einer Einheitswerterklärung auf den 1.1.1997 aufgefordert.

Die Klägerin erklärte darin die Ton-Lagerhalle bzw. Tonlager-Überdachung als Betriebsvorrichtung.

Aufgrund des dieser Erklärung beiliegenden Lageplans (Bl. 106, 107, 103 FA-Akte) wurde die Ton-Lagerhalle vom Finanzamt als Überdachung (überdachte Fläche: 40 m × 135 m = 5.400 qm) beurteilt.

Das Finanzamt bewertete mit Bescheid vom 10.9.1999 die Ton-Lagerhalle unter der Lageplan-Nr. 45 als Gebäude und stellte den Wert auf 216.000 DM fest. In der Anlage zum Bescheid wurde erläutert, dass die Ton-Lagerhalle keine Betriebsvorrichtung darstelle.

Mit dem Einspruch (Schreiben vom 21.9.1999, 21.3. und 28.4.2000, Bl. 84, 94 f und 116 f FA-Akte) trug die Klägerin vor, dass es sich bei der Ton-Lagerhalle um eine Lehmhaldenüberdachung handele, die eine Betriebsvorrichtung in Form eines Schutzdaches zum Zweck der Lehmtrocknung darstelle. Das Merkmal „Aufenthalt von Menschen” sei nicht erfüllt, weil die überdachte Anlage ausschließlich als Rohmateriallager (Lehm) diene und der Zutritt zwangsläufig unmöglich sei. Der Aufenthalt von Menschen sei zudem untersagt, weil Gefahr für Leib und Leben durch Materialrutschungen bestünde und der dort durch schwere Fahrzeuge verursachte Lärmpegel für Personen nicht tragbar sei.

Zudem fehlten Fenster, Türen, Treppen, Wasser- und Stromanschluss bei diesem Bauwerk. Weiterhin untermauerte die Klägerin ihren Standpunkt damit, dass mit der Überdachung unmittelbar das Gewerbe betrieben werde, da die Zwischenlagerung von Rohmaterial wegen eines geänderten Produktionsablaufes notwendig geworden sei.

Bei einer örtlichen Besichtigung am 21.12.1999 (Bl. 109 f FA-Akte) stellte der Bausachverständige des staatlichen Hochbauamtes … fest, dass es sich bei dem Bauwerk um eine vierseitig offene Stahlprofil-Rahmenkonstruktion handele, die lediglich die erforderlichen Windverbände aber keine Wandausfachung besitze. Die Stützenbefestigung sei durch Stahlbetonfundamente gesichert. Das Gebäude sei in die Gebäudeklasse 2.72 (Anlage 14/B BewRGr) einzuordnen. Die überdachte Fläche betrage 4.050 qm.

Der Schutz gegen Witterungseinflüsse durch räumliche Umschließung erfordere nicht, dass das Bauwerk an allen Seiten Außenwände habe. Selbst wenn Außenwände an allen Seiten fehlten, könne ein Gebäude vorliegen, wenn das Bauwerk nach der Verkehrsauffassung dem Schutz gegen Witterungseinflüsse dienen soll. Deshalb würden z. B. Industrie-, Bahnsteig- und ähnliche Hallen als Gebäude angesehen, wenn auch die übrigen Merkmale eines Gebäudes vorliegen.

Im vorliegenden Fall werde eine Fläche von 4.050 qm überdacht, so dass auch unabhängig von der Gestaltung des Daches ein Schutz gegen Witterungseinflüsse angenommen werden müsse.

Auch wen, was oder wie lange das Bauwerk vor Witterungseinflüssen schütze und ob es nach Einstellen des derzeitigen Gewerbes seinen Sinne verliere, sei bei der Abgrenzung, ob Betriebsvorrichtung oder Gebäude, ohne Belang.

Der Aufenthalt von Menschen im Bauwerk müsse möglich sein, nicht erforderlich hingegen ist es, dass ein Bauwerk zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sei.

Ein Bauwerk verliere seine Gebäudeeigenschaft auch nicht schon dadurch, dass bauliche Unzulänglichkeiten den Aufenthalt von Menschen erschwerten oder dass Einwirkungen, die durch den Betrieb hervorgerufen würden, auf die Dauer zu gesundheitlichen Schäden führen könnten. Die Gebäudeeigenschaft gehe nicht verloren, wenn der Aufenthalt für Menschen während eines Betriebsvorgangs vorübergehend nicht möglich sei.

Entsprechend der baufachlichen Stellungnahme beeinträchtigten die maschinelle Beschickung sowie der Abtransport von Rohmaterial und eine sich daraus ergebende Aufenthaltserschwernis die „Festlegung” Gebäude nicht.

Sämtliche Abgrenzungsmerkmale für den Gebäudebegriff seien erfüllt; nämlich

  • Möglichkeit des Aufenthalts von Menschen
  • Schutz gegen Witterung durch räumliche Umschließung
  • feste Verbindung mit dem Grund und Boden
  • Beständigkeit des Bauwerkes und
  • Standfestigkeit.

Mit der Klage (Schreiben vom 28.8. und 15.11.2000, Bl. 1 f, 12 f FG-Akte) beantragt die Klägerin sinngemäß, unter Abänderung des Einheitswertbescheides auf den 1.1.1997 vom 10.9.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.7.2000 die Lageplan-Nr. 45 als Betriebsvorrichtung außer Ansatz zu lassen.

Die Überdachung sei im Laufe des Jahres 1996 zur technisch notwendigen Vermeidung einer Durchfeuchtung des Lehms errichtet worden und bedecke ...

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