Entscheidungsstichwort (Thema)

Einordnung nach § 1 Abs. 2a GrEStG entstandener Grunderwerbsteuer als sofort abzugsfähige Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter Zuhilfenahme des Ersatztatbestands des Beteiligungswechsels fingiert § 1 Abs. 2a GrEStG einen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang, der zivilrechtlich nicht vonstatten geht.

2. Das grunderwerbsteuerliche Besteuerungsobjekt bei dem Beteiligungswechsel findet im Ertragsteuerrecht keine Entsprechung.

3. Die vom BFH in Fällen der Anteilsvereinigung entwickelten Rechtsgrundsätze sind auch auf den Fall des Beteiligungswechsels zu übertragen mit der Folge, dass nach § 1 Abs. 2a GrEStG entstandene Grunderwerbsteuer als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu behandeln ist.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, § 21 Abs. 1; GrEStG § 1 Abs. 2a, 3; HGB § 255 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.09.2014; Aktenzeichen IX R 50/13)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Absatz 4 EStG vom 12. September 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2013 werden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf ./.831.018 und der der Fondsgesellschaft zugewiesene Anteil an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf ./. 833.099 herabgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt – FA –) Grunderwerbsteuer, die anlässlich des Erwerbs von 99,98 % der Kommanditanteile der Klägerin unter Anwendung des § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) gegenüber der Klägerin in Höhe von 1.634.640 EUR festgesetzt wurde, im Streitjahr 2002 bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung zu Recht als Anschaffungskosten aktiviert und lediglich einen der Höhe nach unstreitigen Betrag für Absetzung für Abnutzung (AfA) von 36.586 EUR als Werbungskosten berücksichtigt hat.

Bis zum 28. Februar 2002 waren an der Klägerin als Komplementärin – ohne Beteiligung am Vermögen und am Ergebnis der KG – die Z GmbH, und als Kommanditisten die E S.a.r.l. –eine Körperschaft – sowie die V GmbH beteiligt. Die Klägerin, deren alleiniger Zweck die Vermietung und Verpachtung eigenen Grundbesitzes ist, ist Eigentümerin eines Bürogebäudes in B, das sie nach dessen Fertigstellung im Streitjahr vermietete. Als gewerblich geprägte Personengesellschaft erzielte die Klägerin bis zum Stichtag, dem 28. Februar 2002, Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Die S GmbH & Co. KG (Fondsgesellschaft) ist eine Fondsgesellschaft zur Verwirklichung eines geschlossenen Immobilienfondsprojekts, bei der nicht nur eine GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin, sondern auch drei Kommanditisten, die natürliche Personen sind, zur Geschäftsführung befugt sind. Unternehmensgegenstand der Fondsgesellschaft ist der Erwerb, die Verwaltung und die Vermietung des Bürogebäudes in B, zu dessen Verwirklichung sich die Fondsgesellschaft an der Klägerin beteiligte: Mit Kauf- und Abtretungsvertrag sowie Vereinbarung über das Ausscheiden und den Eintritt von Gesellschaftern vom 27. Juli 2001 (Kaufvertrag) erwarb die Fondsgesellschaft mit wirtschaftlicher Wirkung zum Stichtag sämtliche Kommanditanteile von den Kommanditisten der Klägerin; die Kommanditanteile wurden mit Wirkung zum 28. Februar 2002 an die Fondsgesellschaft abgetreten. Die Fondsgesellschaft hält aufgrund des Kaufvertrags 99,98 % der Kommanditanteile der Klägerin.

Weiter traten der Klägerin mit Wirkung zum 28. Februar 2002 drei weitere natürliche Personen als zur Geschäftsführung befugte Kommanditisten sowie die S GmbH als Komplementärin bei, die Z GmbH schied aus der Gesellschaft aus. Die S GmbH ist weder am Vermögen noch am Ergebnis der Klägerin beteiligt, erhielt im Streitjahr jedoch eine Haftungsvergütung in Höhe von 2.081 EUR.

Wegen des Gesellschafterwechsels setzte das Finanzamt B mit Bescheid vom 19. Dezember 2002 gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.634.640 EUR fest. Nach § 8 Ziff. 1 des Kaufvertrags, zu dessen Vertragsparteien neben der Fondsgesellschaft und den bisherigen Kommanditisten der Klägerin u. a. auch die Klägerin selbst zählte, sollten Steuererstattungen und Steuernachzahlungen für Sachverhalte vor dem Stichtag zu Lasten der bisherigen Kommanditisten gehen, wobei dies – mit Ausnahme der Grunderwerbsteuer – auch für etwa im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Abtretung der Kommanditanteile anfallende Steuern gelten sollte, die zu Lasten der Klägerin erhoben werden. Die Grunderwerbsteuer sollte den Kaufpreis nicht mindern. Die Grunderwerbsteuer wurde von der Klägerin am 30. Dezember 2012 entrichtet u...

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