Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kindergeld bei Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem anderen Elternteil des Kindeskindes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für ein Kind, das gegen den mit ihm nicht verheirateten Vater seines Kindes einen vorrangigen Unterhaltsanspruch aus § 1615l BGB hat und mit dem Vater seines Kindes in einem gemeinsamen Haushalt lebt, entfällt ebenso wie bei einem verheirateten Kind aufgrund dessen vorrangigen Unterhaltsberechtigung gegenüber dem Ehepartner bei entsprechender Leistungsfähigkeit des Kindesvaters bzw. des Ehepartners die Unterhaltspflicht der Eltern gem. § 1601 BGB und damit der Anspruch auf Kindergeld.

2. Der Unterhaltsanspruch der Kindesmutter gegen den Kindesvater aus § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB bleibt bestehen, wenn sie ihre Berufsausbildung in Vollzeit fortsetzt oder einer Erwerbstätigkeit nachgeht (entgegen Niedersächsisches FG v. 27.6.2011, 16 K 123/11 und Sächsisches FG v. 14.3.2012, 2 K 1569/11; Anschluss an die Rechtspr. der Familiengerichte).

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2; BGB § 1615l Abs. 2, §§ 1601, 1360

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.09.2013; Aktenzeichen III R 55/12)

BFH (Urteil vom 12.09.2013; Aktenzeichen III R 55/12)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 1.848,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Kindergeld für das Jahr 2007.

Die Klägerin bezog bis April 2009 Kindergeld für ihre im August 1984 geborene Tochter S. S ist nicht verheiratet. 2007 lebte sie jedoch noch mit ihrem damaligen Lebensgefährten, dem Vater ihres im August 2006 geborenen Sohnes, in einem gemeinsamen Haushalt in D. Ihre nach der Geburt ihres Kindes wieder aufgenommenen und auch im Streitjahr fortgesetzten Bemühungen, einen Ausbildungsplatz zu finden, blieben zunächst ohne Erfolg. Ab dem 09. Juli 2007 nahm S dann an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme und ab dem 21. August 2007 an einer Berufsausbildung an der Fortbildungsakademie der Wirtschaft gGmbH mit einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden teil. Das Ausbildungsverhältnis wurde am 11. März 2009 gekündigt.

Mit Schreiben vom 03. April 2009 bat S die Beklagte, die Zahlung des Kindergeldes einzustellen. Die Einstellung der Zahlungen wurde unter dem 15. April 2009 verfügt. Einen am 22. April 2009 bei ihr eingegangenen Antrag, das Kindergeld weiterzuzahlen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 2009 ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 28. Mai 2009 wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2009 zurück.

Nach Lage der Akten hatten sich S und ihr Lebensgefährte im Jahr 2008 getrennt. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 26. Mai 2009 bat die Beklagte die Klägerin um Vorlage von Einkommensnachweisen des (vormaligen) Lebensgefährten ihrer Tochter für die Zeit ab September 2006. Nachdem jener der Beklagten entsprechende Verdienstabrechnungen vorgelegt und S der Beklagten mit einem am 01. September 2009 dort eingegangenen Schreiben mitgeteilt hatte, ab August 2006 nur vom Einkommen ihres vormaligen Lebensgefährten gelebt zu haben, hob die Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2010 die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2009 nach § 70 Abs. 4 des EinkommensteuergesetzesEStG – auf. Mit ihrem hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch wandte die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin ein, dass die von der Beklagten herangezogene Vorschrift für einen Unterhaltsanspruch ihrer Tochter – § 1615 l des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – schon dem Grunde nach nicht einschlägig sei. S sei nicht aufgrund der in § 1615 l Abs. 2 BGB genannten Gründe gehindert gewesen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, sondern weil sie sich in einem Ausbildungsverhältnis befunden habe. Außerdem sei die angebliche Unterhaltspflicht des Kindesvaters der Höhe nach falsch berechnet worden.

Mit weiterem Bescheid vom 21. September 2010 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2007 gemäß § 70 Abs. 4 EStG auf. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, das für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2007 überzahlte Kindergeld in Höhe von 1.848,00 EUR zurückzuzahlen. Auch hierbei führte sie aus, dass S's Einkünfte und Bezüge unter Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen des Kindesvaters den Jahresgrenzbetrag überschritten hätten.

Den hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch, wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2010 zurück. Nach den Gründen der Einspruchsentscheidung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 371 bis 374 der Kindergeldakte Bd. II), beliefen sich S's eigene Einkünfte und Bezüge im Jahr 2007 zwar nur auf 737,82 EUR (2.586,42 EUR Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit von Juli bis Dezember 2007 + 1.231,40 EUR Ausbildungsvergütung für die Zeit von August bis Dezember 2007 – 920,00 EUR Werbungskosten-Pauschbetrag - 180,00 EUR Kostenpauschale - 1.980,00 EUR als „Kinderfreibetrag” bezeichnet...

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